Melanome ohne Melanin erkennen
Bis zu 8 % aller Melanome sind amelanotisch, erklärte Professor Dr. Nancy E. Thomas, Dermatologin von der Universität von North Carolina in Raleigh. Damit fehlt ihnen die typische „Colour“ der ABCDE-Kriterien für Melanome. Stattdessen können amelanotische Melanome pink, rot, violett, lila oder hautfarben sowie fleckenartig, papulös, plaqueartig oder nodulär sein. Histologisch kommt jeder vom malignen Melanom bekannte Subtyp auch bei pigmentarmen Varianten vor. In folgenden Fällen empfahl Prof. Thomas, an ein amelanotisches Melanom zu denken:
- rosa makuläre, papuläre oder noduläre Läsionen ohne andere Erklärung, wie z.B. eine Narbe
- ekzemähnliche Herde ohne Symptome, die nicht auf topische Kortikosteroide ansprechen
- warzenähnliche oder nageldestruierende Läsionen an einem Finger oder Zeh, teilweise ulzerierend, v.a. bei Personen ab 60 Jahren
Im Rahmen der GEM-Studie hat die Kollegin mit weiteren Wissenschaftlern festgestellt, dass amelanotische Melanome im Mittel zum Zeitpunkt der Diagnose deutlich dicker sind als pigmentierte Varianten mit 1,60 mm vs. 0,68 mm. Zudem gehen sie mit weiteren prognostisch schlechten Merkmalen einher wie einem nodulären oder nicht-klassifizierten Subtyp, Solarelastose und fehlenden koexistierenden Nävus. Weiterhin hatten die Karzinome bei Diagnosestellung bereits ein höheres AJCC*-Tumorstadium als pigmentierte Melanome. Entsprechend fiel das Mortalitätsrisiko nach etwa sieben Jahren Beobachtungszeit für Patienten mit amelanotischen Melanomen – adjustiert um Alter, Geschlecht, Lokalisation und Variablen des Studiendesigns – doppelt so hoch aus wie das von Menschen mit klassischen Melanomen.
Schlechte Prognose aufgrund später Diagnosestellung
Obwohl nur 8 % der untersuchten Melanome amelanotisch waren, machten die betroffenen Patienten 16 % der gesamten Melanomtodesfälle in der Studie aus. Der signifikante Mortalitätsunterschied verschwand, wenn das Tumorstadium adjustiert wurde – das amelanotische Melanom ist also primär wegen des fortgeschrittenen Stadiums zum Diagnosezeitpunkt prognostisch schlechter als das pigmentierte Melanom. Das dürfte vor allem daran liegen, dass es schwer zu erkennen ist, vermutete die Dermatologin. In einer weiteren Studie wurden amelanotische Melanome etwa doppelt so häufig falsch diagnostiziert wie pigmentierte Melanome – sowohl klinisch als auch histopathologisch. Hinzu kommt das schnelle Wachstum des Tumors durch seine hohe Mitoserate bei geringer Breslow-Dicke.
Prof. Thomas betonte, dass viele Publikationen inzwischen ihre Ergebnisse bestätigt haben. Dabei zeigte sich auch, dass Menschen mit roten Haaren, blauen Augen und einer Haut, die nicht bräunt, ein doppelt so hohes Risiko für amelanotische Melanome haben wie Menschen mit schwarzem oder dunkelbraunem Haar und braunen Augen, die rasch bräunen. Es wurde außerdem ein korrespondierender Loss-of-Function-Polymorphismus in dem Gen MC1 (MC1R) identifiziert, der nicht nur mit dem hellen Hauttyp, sondern auch mit einem erhöhten Risiko für (amelanotische) Melanome einhergeht. Zudem entstehen amelanotische Melanome vermutlich eher an Hautpartien, die chronischer Sonnenexposition ausgesetzt waren.
Diese Faktoren erhöhen das Risiko | |
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amelanotisches Melanom | pigmentiertes Melanom |
älter | jünger |
wenig Nävi | viele Nävi |
viele Sommersprossen | wenig Sommersprossen |
sonnensensitive Hauttypen: rotes Haar, helle Augen, Haut bräunt kaum | weniger sonnensensitive Hauttypen: dunklere Haare und Augen, Haut bräunt stärker |
MC1R-Genvarianten | weniger MC1R-Varianten |
vorangegangene amelanotische Melanome | selten vorangegangene amelanotische Melanome |
* American Joint Committee on Cancer
Quelle: Thomas NE. 30. Deutscher Hautkongress Virtuell; Plenar Sitzung 2