Leitlinie Nierenzellkarzinom Neues Kapitel zu erblichen Tumoren integriert
Rauchen, Übergewicht und Bluthochdruck sowie der berufliche Kontakt mit Trichlorethen stellen Risikofaktoren für das Nierenzellkarzinom dar. Daneben können erbliche Faktoren die Tumorerkrankung begünstigen, erläutert die Leitlinienkommission um die beiden Koordinator:innen Prof. Dr. Christian Doehn, Urologikum Lübeck und Prof. Dr. Susanne Krege, Kliniken Essen Mitte. Zwischen 1 % und 14 % der Nierentumoren treten laut Literatur familiär gehäuft auf. Meist liegen der Erkrankung dabei allerdings polygenische Ursachen zugrunde. Erbliche monogenische Formen haben dagegen einen Anteil von höchstens 5–8 %.
Die Betreuung von Familien mit erblichen und familiären Nierentumoren ist eine komplexe multidisziplinäre Aufgabe, die weit über die urologische Betreuung hinausgeht, unterstreichen die Leitlinienautor:innen. Wenn möglich sollten die Betroffenen an entsprechend spezialisierten Zentren angebunden werden.
Gendiagnostik anbieten
Die korrekte Diagnose erblicher Nierentumoren bildet nicht zuletzt die Grundlage für die genetische Beratung. Dies betrifft nicht nur den/die Indexerkrankte:n, dem/der bei begründetem klinischen Verdacht auf ein hereditäres Tumorsyndrom eine molekulargenetische Analyse der relevanten Gene angeboten werden soll. Auch den Familienangehörigen sollen laut Leitlinie eine klinische Untersuchung sowie eine gezielte genetische Testung angeboten werden.
Hereditäre Ursachen prüfen
Verschiedene Anhaltspunkte können auf einen erblichen Nierentumor hinweisen. Dazu zählen die klinischen Manifestationen einer Reihe hereditärer Tumorsyndrome (z. B. Von-Hippel-Lindau-, Birt-Hogg-Dubé-, Cowden-Syndrom, Tuberöse Sklerose): Hier ist das Risiko für Nierentumoren erhöht. Auch die Erkrankung vor dem 47. Lebensjahr und ein oder mehrere betroffene Verwandte ersten oder zweiten Grades können auf eine hereditäre Problematik hinweisen. Gleiches gilt für bilaterale und multifokale Nierentumoren sowie für solche mit pathognomonischer Histologie.
Bei der Diagnose eines Nierentumors soll laut Leitlinie immer das Risiko für einen erblichen Hintergrund evaluiert werden. Die Identifikation einer erblichen Problematik hat nämlich erhebliche Konsequenzen für die Diagnostik und das therapeutische Management: Sie unterscheiden sich, je nach zugrunde liegender Erkrankung, von den bei sporadischen Nierentumoren etablierten Strategien. Das Behandlungskonzept richtet sich dabei nach der Tumorgröße, der Wachstumsgeschwindigkeit und multifokalen Herden.
Ein Beispiel: Erblich bedingte Nierentumoren werden angesichts der im Laufe des Lebens meist mehrfach notwendigen Eingriffe häufig erst ab einer Größe von mehr als drei Zentimetern behandelt. Weiterhin erfordert der erblich bedingte Nierenkrebs erweiterte diagnostische Maßnahmen, die sowohl renale als auch extrarenale Manifestationen einbeziehen. Letztere tragen nämlich bei vielen erblichen Nierentumorerkrankungen maßgeblich zur Morbidität und Prognose bei. Die Auswahl der notwendigen extrarenalen Untersuchungen hängt dabei von der zugrunde liegenden Erbkrankheit ab.
Quelle:
S3-Leitlinie „Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Nierenzellkarzinoms“, AWMF-Register Nr. 043-017OL