Neuroborreliose: „Die Prognose ist exzellent“
Zu den häufigsten bakteriellen Infektionen des zentralen Nervensystems zählt die Lyme-Neuroborreliose. Meist manifestiert sie sich als subakute, selbstlimitierende, schmerzvolle Meningoradikulitis, die sich unter Antibiotika bessert. Bis zu 28 % der Patienten würden nach durchgemachter Infektion unter Restsymptomen wie Fatigue, Schmerzen sowie neurologischen oder kognitiven Einschränkungen leiden, heißt es. Derartige Erkenntnisse stammen allerdings meist aus kleinen Untersuchungen, aus unkontrollierten Studien oder aus Fall- und Erfahrungsberichten.
Dänische Forscher wollten es genau wissen und suchten mit einer umfangreichen, bevölkerungsbasierten Studie nach Zusammenhängen zwischen der Neuroborreliose und den langfristigen Folgen, die die Erkrankung tatsächlich auf den Gesundheits- und Sozialstatus der Betroffenen hat.
Dafür werteten die Wissenschaftler um Prof. Dr. Niels Obel vom Kopenhagener Uniklinikum die Gesundheitsdaten von 2067 Personen aus, bei denen eine Neuroborreliose zweifelsfrei klinisch und per Antikörpertest diagnostiziert worden war. Als Kontrollkohorte dienten den Infektiologen 20 670 passende Nichtinfizierte, darunter auch Familienangehörige der Patienten.
Das Berufsleben wird nicht beeinträchtigt
Verglichen mit der Kontrollgruppe war das Langzeitüberleben der Borreliosepatienten nicht herabgesetzt. Allerdings fand sich in dieser Gruppe ein dreifach erhöhtes Risiko für maligne hämatologische Erkrankungen und ein um 50 % höheres Risiko für Hautkrebs vom Nicht-Melanom-Typ (Inzidenzratenverhältnis 3,07 bzw. 1,49).
Bei der Sozialstatusauswertung ergaben sich zum Zeitpunkt der Diagnosestellung bei den Neuroborreliosepatienten eine leicht überdurchschnittliche Beschäftigungsrate, die nach fünf Jahren auf das Niveau der Kontrollgruppe abgesunken war. In Bezug auf Berufsunfähigkeit, bei der Zahl der Krankenhausaufenthalte, der Krankheitstage und des Einkommens zeigten sich fünf Jahre nach Diagnosestellung keinerlei Unterschiede zwischen den beiden Gruppen.
Das Fazit der Autoren ist eindeutig und unmissverständlich: „Die Prognose ist exzellent, da können die Patienten sicher sein.“ Langzeitfolgen auf das Überleben der Betroffenen seien keine zu befürchten, und auch die erhöhten Risiken für die Krebserkrankungen müssten nicht zwangsläufig in einem kausalen Zusammenhang zur Borrelieninfektion und ihren neurologischen Manifestationen stehen.
Möglich sei, dass die Neuroborreliose den Ausbruch einer womöglich schon latent vorhandenen hämatologischen Malignität gefördert. Oder sie ist ein Hinweis auf eine wie auch immer geartete Veranlagung, diskutieren die dänischen Infektiologen. Auch das laut der Studie erhöhte Hautkrebsrisiko müsse nicht ursächlich mit der Neuroinfektion in Verbindung stehen. Vielmehr könnten vermehrte Outdoor-Aktivitäten das Bindeglied zwischen Zeckenstich, Borrelieninfektion und dem Krebs sein.
Quelle: Obel N et al. BMJ 2018; 361: k1998