HPV-Impfquote Nicht Impfmüde werden!
Die Quote für einen vollständigen HPV-Impfschutz betrug bei 15-jährigen Mädchen im Jahr 2020 bundesweit 51,0 %1. Bei den 15-jährigen Jungen wurden 2021 26,5 % vollständig Geimpfte registriert, allerdings gilt für sie die Impfempfehlung erst seit 2018. Die Zahlen reichen bei Weitem nicht für eine Herdenimmunität, sagte Prof. Dr. Alexander Kreuter, Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Helios St. Elisabeth Klinik, Oberhausen.
WHO und EU-Kommission haben als Zielmarke bis 2030 eine Impfquote von ≥ 90 % für Mädchen und eine deutliche Steigerung für Jungen definiert. Nach der Pandemie macht sich in Deutschland aber eher Impfmüdigkeit breit, so Prof. Kreuter. Die DAK berichtete, dass 2022 im Vergleich zu 2019 26 % weniger Mädchen im Alter von 9 bis 14 Jahren und 43 % weniger Mädchen im Alter von 15 bis 17 Jahren eine HPV-Impfserie begonnen haben2. Bei den Jungen sei der Rückgang noch stärker gewesen (32 % bzw. 59 %). Dabei ist die frühe Impfung vor Beginn der sexuellen Aktivität entscheidend, auch zur Verhinderung von Genitalwarzen.
Genitale Warzen bei Kindern – verdächtig?
Genitale Warzen entstehen häufig durch Auto- oder Heteroinokulation von vulgären Warzen, die bei Kindern häufig sind, berichtete PD Dr. Christina Schnopp von der Klinik für Dermatologie und Allergologie am Biederstein der TU München. Sie können aber auch einen Hinweis auf sexuellen Missbrauch darstellen. Wenn möglich, sollte man eine diagnostische Kürettage versuchen und eine HPV-Typisierung vornehmen.
In einer Fallserie von 55 Kindern mit anogenitalen Warzen im Alter 1–12 Jahre wurde bei 31 ein mukosaler HPV-Typ nachgewiesen (50 % HPV6), bei 25 kutane HPV-Typen (HPV2, HPV27, HPV57). In der Altersgruppe bis fünf Jahre schienen mukosale HPV-Typen in der Regel über die Mutter antenatal, perinatal oder postnatal erworben worden zu sein. Bei Fünf- bis Zwölfjährigen scheint dagegen die Transmission kutaner HPV-Typen durch Handwarzen prävalent zu sein.
In der Auswertung bestand bei 3 der 55 Kindern klinisch wie von den HPV-Typen her ein starker Verdacht auf sexuellen Missbrauch. Liegt konkret ein solcher Verdacht vor, ist das Gespräch mit der Familie unumgänglich, betonte Dr. Schnopp. Ideal ist das Einschalten der Kinderschutzambulanz, die aber nicht immer zur Verfügung steht. Gegebenenfalls muss das Jugendamt informiert werden.
Wahrscheinlichkeit für Warzen sinkt um den Faktor Fünf
Eine Impfung vor dem 14. Lebensjahr reduziert einer Auswertung der norwegischen Bevölkerung zufolge die Wahrscheinlichkeit für anogenitale Warzen um den Faktor Fünf. Sind Warzen bereits vorhanden, hilft die Vakzine nicht mehr. Aber nicht nur Warzen, hochgradige zervikale Neoplasien und Karzinome werden durch die Impfung verhindert, sondern auch HPV-assoziierte Penis-, Vulva-, Vaginal- sowie Analkarzinome.
Aktuell werden vom RKI mindestens zwei HPV-Impfstoffgaben empfohlen: Eine im Alter von 9 bis 14 Jahren und eine zweite im Abstand von mindestens fünf Monaten (1+1-Schema). Ist das nicht möglich oder erfolgt, raten die Experten zu drei Immunisierungen mit dem Ziel bis zum 17. Lebensjahr des Kindes den Impfschutz aufgebaut zu haben.
Ob wirklich die ganze Impfserie nötig ist, lässt sich diskutieren. Die WHO propagiert inzwischen, dass bereits eine Dosis wirkungsvoll vor HPV-assoziierten Karzinomen schützt. In Brasilien, dem Vereinigten Königreich, Australien und vielen anderen Ländern weltweit stellt das bereits die offizielle Impfempfehlung dar. In Deutschland empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) die Einmalimpfung derzeit noch nicht3.
Quelle: 1. RKI. Epid Bull 2022; 48: 15-17
2. DAK Kinder- und Jugendreport 2023: Fokusanalyse zu HPV-Impfungen
3. RKI. Epid Bull 2024; 4: 22