CED „Nichts“ ist oft zu wenig

Autor: Sabine Mattes

Könnte die Zuteilung zu einem Placeboarm für Menschen mit CED in Studien mit Schäden verbunden sein? Könnte die Zuteilung zu einem Placeboarm für Menschen mit CED in Studien mit Schäden verbunden sein? © Elena – stock.adobe.com

Soll die Wirksamkeit einer Substanz in Studien geprüft werden, nutzt man als Kontrolle in der Regel ein Placebo. Doch ist das auch dann noch zu vertreten, wenn es bereits etablierte Wirkstoffe gibt?

Eine randomisierte placebokontrollierte Studie (RCT) gilt als der Goldstandard, um die Effektivität eines neuen Wirkstoffs zu belegen. Ob diese Methodik noch angemessen ist, wenn es bereits etablierte Medikamente gibt, stellt ein Team um Dr. Shahida Din aus dem Western General Hospital in Edinburgh infrage. Sie befürchten, dass die Zuteilung zu einem Placeboarm für Menschen mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) in Studien mit Schäden verbunden sein könnte.

Ihrer Vermutung gingen die Forschenden in einer Metaanalyse nach. Sie schlossen 47 RCT mit fast 21.000 Patientinnen und Patienten mit moderater bis schwerer CED ein. Die gepoolten Daten zeigten, dass unter einem aktiven Medikament ein signifikant geringeres Risiko einer Verschlechterung der CED und (schwerwiegender) unerwünschter Ereignisse bestand als unter Placebo. Außerdem reduzierte sich die Wahrscheinlichkeit für Venenthrombosen und ernste Infektionen deutlich. Eine Analyse von Studien zum Remissionserhalt bei CED lieferte ähnliche Ergebnisse.

Schwerwiegende Ereignisse in Verumgruppen seltener

Dr. Beatriz Gros aus dem Reina Sofía University Hospital in Cordoba und ihre Kolleginnen und Kollegen werteten 45 RCT mit insgesamt 16.562 Teilnehmenden aus. Auch in ihrer Analyse wurde die Einnahme eines Placebos mit einem höheren Risiko für schwerwiegende unerwünschte Ereignisse oder eine Verschlechterung der Darmerkrankung assoziiert im Vergleich zum Verum.

Wenn in Studien zu chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen ein Placebo statt einem aktiven Medikament gegeben wird, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Krankheit signifikant verschlechtert und schwere unerwünschte Ereignisse auftreten, schließen Dr. Din et al. Placebokontrollierte Studien haben in der Vergangenheit einen wichtigen Beitrag in der CED-Therapie geleistet. Heute, mit wirksamen Substanzen in der Hinterhand, sollte man bei der Einführung neuer Wirkstoffe über alternative Studiendesigns wie Head-to-Head-Studien oder Plattformstudien nachdenken und den Placeboeinsatz minimieren. In jedem Fall müssten Darmkranke vorab über potenzielle Risiken eines placebokontrollierten Studiendesigns aufgeklärt werden, betonen die Forschenden. 

Quelle:
1. Din S et al. Lancet Gastroenterol Hepatol 2024; doi: 10.1016/S2468-1253(24)00264-4
2. Gros B et al. Lancet Gastroenterol Hepatol 2024; doi: 10.1016/S2468-1253(24)00233-4