Parkinson Chelatoren beschleunigen die Krankheitsprogression gegenüber Placebo
Eisen könnte bei Morbus Parkinson pathophysiologisch eine Rolle spielen: Erhöhte Konzentrationen lassen sich in den nigrostriatalen Neuronen nachweisen. Allerdings hat Eisen im Nervensystem ganz verschiedene Funktionen – es ist unter anderem an der Dopaminsynthese beteiligt, kann aber auch zytotoxisch wirken, wenn es akkumuliert. In Tierversuchen bzw. im Modell zeigte die Chelatbindung von Eisen positive Effekte auf den Parkinson-Verlauf.
Vor diesem Hintergrund prüften Prof. Dr. David Devos von der Universität Lille und Kollegen den gegen Thalassämie zugelassenen Eisenchelatbildner Deferipron bei neu erkrankten Parkinsonpatienten. Die 372 Teilnehmer waren neu diagnostiziert und hatten noch keine dopaminergen Medikamente erhalten. Die Hälfte von ihnen erhielt 36 Wochen lang zweimal täglich Deferipron (15 mg/kg Körpergewicht) oder Placebo. Auf der modifizierten Unified Parkinson’s Disease Rating Scale (MDS-UPDRS) mit Punkten zwischen Null und 260 erreichte die Interventionsgruppe zu Beginn im Mittel 34,3 Punkte und die Placebogruppe 33,2 Punkte, wobei höhere Scores eine eingeschränktere Motorik bedeuten.
Im Verlauf stieg dieser Wert unter Deferipron um 15,6 Punkte, während sich die Placebogruppe signifikant weniger nur um 6,3 Punkte verschlechterte. Wegen der Progression der Symptome wurden zudem 22,0 % in der Interventionsgruppe vs. 2,7 % unter Placebo auf eine dopaminerge Medikation eingestellt. Deferipron ging bei 5 Patienten mit einer Agranulozytose oder Neutropenie einher.
Tatsächlich verringerte sich durch die Therapie mit dem Chelatbildner der Eisenspiegel im nigrostriatalen Bereich im Vergleich zu Placebo, wie sich magnetresonanztomografisch in einer Subgruppe zeigen ließ. Aber diese pathophysiologische Wirkung ging nicht mit einer klinischen Verbesserung einher, resümieren die Kollegen – im Gegenteil.
Quelle: Devos D et al. N Engl J Med 2022; 387: 2045-2055; DOI: 10.1056/NEJMoa2209254