Norovirus: 70 % der Austern fallen im Hygienetest durch
Bei rohen Meeresfrüchten denken sicher viele erst einmal an Salmonellen oder eine Lebensmittelvergiftung. Dass für Durchfall und Erbrechen auch ein ganz anderer Bekannter verantwortlich sein kann, zeigte Professor Dr. Thomas Weinke, Chefarzt der Klinik für Gastroenterologie und Infektiologie am Ernst von Bergmann Klinikum in Potsdam.
In einer 2018 publizierten Studie konnten Wissenschaftler bei rund 69 % der getesteten Austern Norovirusbestandteile nachweisen.1 Spitzenreiter waren die spanischen Muscheln, bei denen der Test auf virale RNA zu 100 % positiv ausfiel. Auf den Plätzen folgten die irischen (84 %) und britischen Schlürf-Delikatessen (ca. 72 %). Etwas besser schnitten die französischen sowie holländischen Austern ab, von denen nur etwa jeweils ein Drittel betroffen war.
Es gibt Untersuchungen, in denen gezeigt wurde, dass Zitronensaft die Fähigkeit der Viren reduziert, an Darmzellen zu binden. Dadurch lasse sich vielleicht eine geringere Infektiösitiät der Austern erreichen, so der Experte. „Man könnte aber auch gleich Zitronensaft trinken und die Austern lassen.“
Die Inzidenz hat sich mehr als verachtfacht
Bei dem hoch ansteckenden RNA-Virus können schon 10 bis 100 Viruspartikel ausreichen, um einen Menschen zu infizieren, schreibt Prof. Weinke in seinem Skript zum Vortrag. Die durchschnittliche Belastung der Muscheln in der genannten Studie lag zwischen 48–78 Viren/g, die spanische Einzelprobe schaffte gar 275 Viren/g.
Top 4 Durchfallerreger in Deutschland (2018)
- Noroviren: 77 240 Meldungen
- Campylobacter: 67 653 Meldungen
- Rotaviren (rückläufig): 23 566 Meldungen
- Enteritis-Salmonellen (rückläufig): 13 460 Meldungen
1. Lowther JA et al. Food Environ Virol 2018; 10: 278-287