Risiken und Nebenwirkungen, sonst nichts Nur wenige der verschriebenen Analgetika helfen bei Kreuzschmerzen
Ein Team um Dr. Caitlin Jones von der University of Sydney untersuchte die Datenlage zur Wirksamkeit von Analgetika bei unspezifischen Schmerzen im unteren Rücken. Es handelte sich dabei ausnahmslos um Beschwerden ohne schwerwiegende strukturelle Ursachen wie Frakturen, Malignome oder entzündliche Erkrankungen.
Laut Dr. Jones et al. lässt die Literatur darauf schließen, dass Paracetamol keine Wirksamkeit hat. Für systemische nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) wird eine eher geringe Schmerzlinderung beschrieben, die man allerdings mit einer erhöhten Rate an Nebenwirkungen erkauft.
Schmerzlinderung meist ohne spezifische Behandlung
Das Autorenteam betont, dass sich die meisten Patientinnen und Patienten vollständig von einer Rückenschmerzepisode erholen – und zwar auch ohne spezifische Behandlung. Allerdings liegt das Risiko für persistierende Beschwerden von mehr als drei Monaten bei denjenigen, die sich mit akuten Rückenschmerzen in der Primärversorgung vorstellen, bei ungefähr 25 %.
Bei akuten oder chronischen unspezifischen Schmerzen im unteren Rücken empfiehlt das Autorenteam insgesamt Zurückhaltung bei Analgetika, da diese häufig keine gute Wirksamkeit haben und mit Nebenwirkungen behaftet sind. Vor allem hilft es, die Betroffenen zu ermuntern, aktiv zu bleiben und sich zu bewegen. Von Bettruhe sollte man abraten. Wärme hilft mitunter und kann in Eigenregie angewendet werden. Für phytotherapeutische Mittel wie Capsaicinpflaster oder Lavendelöl gibt es Hinweise auf eine Wirksamkeit, allerdings bei heterogener Studienlage.
Bei chronischen Rückenschmerzen haben selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer wie Duloxetin in einigen Studien gewisse positive Effekte gezeigt. Einen breiteren Einsatz sieht die Autorengruppe aufgrund der Nebenwirkungen kritisch.
Opioide gingen mit einer im Mittel geringen Schmerzreduktion bei chronischen Beschwerden einher. Aufgrund der Nebenwirkungen wie Abhängigkeit und Missbrauch rät man von den Substanzen jedoch ab.
Zum Einsatz kommen teils auch Medikamente wie Baclofen, deren gewünschte, muskelrelaxierende Wirkung der Autorengruppe zufolge allerdings in ungünstigem Verhältnis zu den Nebenwirkungen wie Sedierung steht. Ebenfalls ohne belegte Wirksamkeit sind etliche weitere Substanzen, darunter Antikonvulsiva wie Pregabalin, Benzodiazepine, Kortikoide und Cannabis.
Dr. Jones et al. empfehlen die in der Regel limitierte Wirksamkeit von Analgetika mit den Patientinnen und Patienten zu besprechen. Wenn man zu Analgetika greift, bieten orale oder topische NSAR das beste Nutzen-Risiko-Verhältnis.
Warum aber verordnen viele Kolleginnen und Kollegen Analgetika, obwohl die eingeschränkte Effektivität bereits seit Längerem beschrieben wird? Das Autorenteam mutmaßt, dass unter anderem der echte oder wahrgenommene Mangel an Alternativtherapien, die Erwartungen der Betroffenen und die eingeschränkte Verfügbarkeit zum Beispiel von Physio- und Psychotherapie dazu beitragen.
Multimodale Therapien für bessere Beweglichkeit
Als eine wichtige Herausforderung sehen Dr. Jones und ihre Kolleginnen und Kollegen die Entwicklung von Strategien, um die Einnahme von unwirksamen Substanzen zu reduzieren. Dazu beitragen kann die Aufklärung über die teils gravierenden Nebenwirkungen und die eingeschränkte Wirksamkeit der Analgetika. Bei chronischen Schmerzen sind multimodale Therapien angezeigt, um die Beweglichkeit der Patientinnen und Patienten zu erhalten und krankheitsfördernde psychosoziale Faktoren zu beeinflussen. Zum Beispiel leiden viele der Betroffenen unter Stress oder schlechtem Schlaf. Auch tägliches Autofahren von über zwei Stunden ist ein Risikofaktor.
Quelle: Jones CMP et al. BMJ 2024; 385: e080064; doi: 10.1136/bmj-2024-080064