Risiko beim Endoskopieren ÖGD und Koloskopie sind aerosolgenerierende Prozeduren
Während der Coronapandemie wurden aerosolgenerierende Prozeduren (AGP) schnell als möglicher Risikofaktor für eine nosokomiale SARS-CoV-2-Infektion erkannt. Die Viren machen auch vor Endoskopieräumen nicht Halt – in einer Studie wurde SARS-CoV-2 auf dem Boden unter dem Patientenbett, auf dem Monitor und auf dem Ventilator nachgewiesen. Die Persistenz von Viruspartikeln in Aerosolen hängt von zahlreichen Faktoren wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftströmung und Ventilation ab. Den aktuellen Stand zum Infektionsrisiko im Rahmen einer Endoskopie haben Prof. Dr. Stanislas Chaussade vom Gastroenterology and Digestive Oncology Department am Cochin University Hospital in Paris und seine Kollegen zusammengefasst.
Ein Speichelsauger könnte das Risiko verringern
Bei Einführen des Endoskops über Mund oder Nasopharynx können bei infizierten Patienten über den Husten- und Würgereflex leicht virushaltige Aerosole frei werden, die ein Infektionsrisiko für das medizinische Personal und andere Patienten im Endoskopieraum darstellen. Eine Sedierung ändert daran nichts. Bei Prozeduren, die eine Trachealintubation erfordern, ist das Risiko für eine Aerosolbildung und damit für eine Luft- und Oberflächenkontamination noch höher. ÖGD und Nasogastroskopien gelten somit klar als AGP, die einen besonderen Schutz der Beteiligten erforderlich machen. Durch die Verwendung eines zahnärztlichen Speichelabsaugers scheint sich das Risiko etwas reduzieren zu lassen.
Ob auch die Koloskopie als aerosolgenerierende Prozedur einzuordnen ist, wird zurzeit noch kontrovers diskutiert. Allerdings wurden bereits über längere Zeit lebensfähige Viren im Stuhl nachgewiesen und eine Transmission über fäkale Aerosole beispielsweise nach Betätigung der Toilettenspülung erscheint möglich. Da bei der Koloskopie über verschiedene Mechanismen Aerosole aus dem Darm freiwerden können, ist ein erhöhtes Risiko nicht ausgeschlossen.
Auch das Luftzirkulationssystem des Endoskops könnte zur Verbreitung virustragender Aerosole beitragen, wie Prof. Chaussade und Kollegen erläutern. Die im Gerät befindliche Luftpumpe enthält keinen HEPA-Filter und kann nach der Nutzung nicht desinfiziert werden.
Zu den Maßnahmen, mit denen sich das Risiko bei der Endoskopie senken lassen, gehören eine Aufrüstung der persönlichen Schutzausrüstung (z.B. FFP2-Masken statt chirurgischen Masken), Impfung des Personals, Optimierung der Arbeitsabläufe und technische Methoden zur Verringerung der Luftkontamination. Dies könnten zum Beispiel spezielle „Endoboxen“ sein, die das Luftzirkulationssystem des Endoskops von der Raumluft abschirmen. Mit solchen Maßnahmen und technischen Neuerungen könnte man auch zukünftigen Infektionsgefahren im Rahmen der Endoskopie begegnen.
Quelle: Chaussade S et al. United European Gastroenterol J 2022; DOI: 10.1002/ueg2.12355