Krebspatient:innen Patient Reported Outcomes sind wertvoll für die Therapiesteuerung
Patient Reported Outcomes (PRO) liefern eine Einschätzung des Gesundheitszustand aus Patient:innensicht. Gemäß PD Dr. Markus Schuler, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden, sind sie essenziell für die partizipative Entscheidungsfindung: „Eine Behandlungsstrategie kann ich nur kontinuierlich erfassen und anpassen, wenn ich entsprechende Instrumente habe.“1
Nach aktuellen Erkenntnissen kann die digitale Überwachung von Symptomen und Nebenwirkungen mit Verbesserungen in folgenden Bereichen einhergehen:
- Symptomkontrolle
- Lebensqualität
- weniger Krankenhausaufenthalte
- Patient:innenzufriedenheit
Auch ein Vorteil für das Gesamtüberleben wird diskutiert.
Dr. Schuler betonte, dass die flächendeckende Umsetzung nicht an der Evidenz scheitert. „Es ist immer wieder die Hürde, dass wir die Translation in die klinische Praxis nicht schaffen“, bemängelte der Referent. Anwendungen müssten dafür zeitlich effizient sein und die Mitwirkung aller Beteiligten erreichen.
Seltene schwere Nebenwirkungen
In der Phase-3-Studie CAPRI erreichte die über das gleichnamige PRO-Werkzeug betreute Interventionsgruppe eine höhere relative Dosisintensität der oralen Krebstherapie (93,4 % vs. 89,4 %; p = 0,04).2 Außerdem verbrachten die Nutzer:innen weniger Zeit im Krankenhaus und erlitten seltener Nebenwirkungen vom Grad 3 oder höher. Während einer eigenen Pilotstudie mit 90 Patient:innen beobachtete der Experte nach acht Wochen eine bessere Therapieadhärenz bei den Teilnehmenden, von denen regelmäßig PRO erfragt wurden (p = 0,037).
Die Ergebnisse der Validierung des Monitoringprogramms eRAPID während einer Chemotherapie fielen hingegen ernüchternder aus.3 Beispielsweise glich sich das physische Wohlbefinden im Laufe der Zeit zwischen Studien- und Kontrollarm wieder an. Auch in der Rate der Dosisreduktionen und Therapieunterbrechungen gab es keine signifikanten Unterschiede. Dr. Schuler verwies allerdings darauf, dass Betroffene, die eRAPID verwendeten, eine bessere Selbstwirksamkeit berichteten.
Ein Problem stellte die geringe durchschnittliche Compliance (64,7 %) dar. „Die Adhärenz wird vor allem dann erzeugt, wenn die Patient:innen das Gefühl haben, das Gesundheitspersonal beschäftigt sich mit diesen Angaben und nutzt sie für die Interaktion“, benannte der Referent als wesentlichen Erfolgsfaktor. Anderenfalls lasse die Nutzung über die Zeit deutlich nach.
Zuletzt gab Dr. Schuler ein Beispiel dafür, wie die Umsetzung in der klinischen Routine gelingen kann. Cherny und Kolleg:innen schlossen insgesamt 923 Patient:innen ein.4 72,7 % derjenigen, die schwere Symptome meldeten, erhielten einen Anruf, in der Regel innerhalb von 24 bis 48 Stunden. Nach einem Jahr beteiligten sich noch fast 70 % am Programm. Bei Teilnehmenden ab 65 Jahren lag die Rate sogar höher.
Quellen:
1. Schuler M. DGHO Frühjahrstagung 2023; Vortrag „Patientenrelevante Endpunkte – Einbeziehung in die Therapieentscheidung“
2. Mir O et al. Nat Med 2022; 28: 1224-1231; DOI: 10.1038/s41591-022-01788-1
3. Absolom K et al. J Clin Oncol 2021; 39: 734-747; DOI: 10.1200/JCO.20.02015
4. Cherny NI et al. JCO Oncol Pract 2022; DOI: 10.1200/OP.22.00180
Virtuelle DGHO Frühjahrstagung 2023