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Zoonosen Pneumonie von Papagei und Ziege

Autor: Dr. Judith Lorenz

Mehr als 100 Exemplare dieser Papageienart lebten bei einem Patienten. ­Außerdem züchtete er Hühner und Wachteln. Mehr als 100 Exemplare dieser Papageienart lebten bei einem Patienten. ­Außerdem züchtete er Hühner und Wachteln. © Farinoza – stock.adobe.com
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Zoonotische Erreger der Gattung Chlamydia können beim Menschen lebensgefährliche Pneumonien hervorrufen. Die Frage „Hatten Sie Kontakt mit Tieren?“ darf daher nicht fehlen, wenn ein Patient mit einer Lungensymptomatik vorstellig wird.

Chlamydia psittaci befällt mehr als 460 freilebende oder domestizierte Vogelarten, erläutern Dr. Frank ­Imkamp vom Institut für Medizinische Mikrobiologie an der Universität Zürich und Kollegen. Bisher wurden 15 Genotypen identifiziert, die als leicht auf den Menschen übertragbar gelten. Das tierische Reservoir von Chlamydia abortus sind dagegen Schafe und Ziegen. Bei Muttertieren verursacht das Bakterium Fehl- und Totgeburten und schwächt die Jungtiere.

Für den Menschen können beide Erreger gefährlich werden: Sie verursachen Fieber und Atemwegsbeschwerden bis hin zur lebensbedrohlichen Pneumonie. C. abortus kann zudem bei Schwangeren Fehlgeburten auslösen. Problematisch sind die Infektionen bei Menschen vor allem deshalb, weil häufig nicht oder erst spät an eine Zoonose gedacht wird, warnt Dr. Imkamp.

Septischer Schock trotz umfangreicher Antibiose

Um das Bewusstsein für die Gefahr zu schärfen, schildert er zwei Fälle aus der Praxis. Ein 52-jähriger Mann stellte sich mit Fieber und trockenem Husten beim Hausarzt vor. Trotz breit aufgestellter antibiotischer Therapie bei pneumonischen Infiltraten in der CT-Bildgebung entwickelte er innerhalb kürzester Zeit eine respiratorische Dekompensation sowie einen septischen Schock. Erst auf Intensiv erfuhren die behandelnden Ärzte von der Ehefrau des Patienten, dass ihr Mann Vögel züchtete: Er hielt mehr als 100 Papageien sowie zahlreiche Hühner und Wachteln. In der Bronchiallavageflüssigkeit konnte dann tatsächlich C. psittaci nachgewiesen werden, die Serologie untermauerte den Infektionsverdacht. Trotz weiterer Eskalation der Antibiotikatherapie starb der Patient elf Tage nach Symptombeginn an einem Multiorganversagen mit Hirnblutung. In bakteriologischen Abstrichproben seiner Zuchtvögel wiesen die eingeschalteten Veterinäre ebenfalls C. psittaci nach.

Im zweiten Fall handelt es sich um eine 34-jährige Schwangere, die sich in der 25. SSW mit seit Tagen bestehendem Fieber, trockenem Hus­ten, Kopfschmerzen und Schwäche in der Klinik vorstellte. Die klinisch und mittels Bildgebung diagnostizierte Pneumonie sprach gut auf Antibiotika an. Im Rachenabstrich wurde C. abortus nachgewiesen. Retrospektiv zeigte sich, dass die Patientin auf ihrem Hof 30 Schafe und mehrere Ziegen hielt. Einige Monate zuvor hatten Muttertiere, die nicht gegen C. abortus geimpft waren, Fehlgeburten erlitten und waren von der Patientin versorgt worden. Die Ärzte gehen von einer Ansteckung über Aerosole aus.

Infektionen mit Zoonoseerregern stellen eine wichtige Differenzialdia­gnose bei atypischen Pneumonien dar, so Dr. Imkamp. Bei der Erhebung der Eigen- bzw. Fremdanamnese muss daher immer nach dem Kontakt mit Säugetieren, Vögeln und Reptilien gefragt werden. Diagnose und Therapie erfordern nicht selten eine enge Zusammenarbeit zwischen Humanmedizinern, Veterinären und Mikrobiologen.

Quelle: Imkamp F et al. Swiss Med Wkly 2022; 152: w30102; DOI: 10.4414/smw.2022.w30102