Prädiabetes bei Senioren – Blutzucker normalisiert sich teils wieder

Autor: Dr. Barbara Kreutzkamp

Nur selten entwickeln Senioren eine tatsächliche Diabeteserkrankung. Nur selten entwickeln Senioren eine tatsächliche Diabeteserkrankung. © iStock/simpson33

Bei Senioren scheint ein Prädiabetes weniger von Bedeutung zu sein als bei Jüngeren. Anstatt einen manifesten Diabetes zu entwickeln, normalisiert sich die Stoffwechsellage häufiger wieder von selbst.

Ein Prädiabetes, definiert als ein HbA1c-Wert zwischen 5,7 und 6,4 %, gilt als Risikofaktor für Diabetes. Gemäß der Leitlinien sollte man diese Patienten einmal jährlich kontrollieren und ggf. zu Gewichtsreduktion und sportlicher Betätigung animieren. Diese Empfehlungen basieren auf Studien überwiegend mit Personen mittleren Alters, denen zufolge bei rund jedem Fünften der Prä­diabetes in einen Diabetes übergeht.

Bei Älteren scheint der Prädiabetes allerdings weniger von Bedeutung zu sein. Wie Dr. Mary Rooney von der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health und Kollegen zeigten, sinkt der Prozentsatz der Betroffenen, die tatsächlich einen Diabetes entwickeln, im Alter. Einbezogen in die prospektive Kohortenstudie waren 3412 Patienten ohne Diabetes im durchschnittlichen Alter von 75,6 Jahren, die über median 6,5 Jahre nachbeobachtet wurden. 44 % von ihnen hatten einen HbA1c-Spiegel zwischen 5,7 und 6,4 %, 1996 hatten erhöhte Nüchtern-BZ-Werte zwischen 100 und 125 mg/dl und bei 29 % waren sowohl HbA1c als auch Nüchtern-BZ erhöht.

Von den Teilnehmern mit leicht erhöhten HbA1c-Spiegeln fielen innerhalb der rund sechs Jahre 13 % wieder in eine Normoglykämie zurück, nur 9 % hatten einen Diabetes entwickelt, 19 % waren gestorben. Die entsprechenden Werte bei Personen mit erhöhten BZ-Werten lagen bei 44 %, 8 % und 16 %.

Insgesamt entwickelte sich bei den Senioren der Prädiabetes prozentual häufiger wieder in eine normale Stoffwechsellage zurück, als dass er in einen Diabetes eskalierte, fassen die Autoren die Ergebnisse zusammen. In der Gruppe von Studienteilnehmern mit zunächst unauffälligen HbA1c-Werten hatten 3 % sechs Jahre später eine Diabetes-Diagnose erhalten und 17 % HbA1c-Werte von 5,7–6,4 %. Bei den Teilnehmern mit zunächst normalen BZ-Werten entwickelten 3 % einen Diabetes und 8 % BZ-Werte von 100–125 mg/dl.

Individualisiertes Vorgehen wohl besser geeignet

Ein Prädiabetes bei ansonsten gesunden Senioren über 75 Jahre sollte als genereller Diabetes-Risikofaktor nicht überbewertet werden, heißt es auch in dem begleitenden Studienkommentar. Zumal ein neu aufgetretener Diabetes in dieser Altersgruppe zumeist auch eher leicht verläuft. Vielmehr empfiehlt sich ein individualisiertes Vorgehen unter Berücksichtigung z.B. der Lebenserwartung, weiterer Risikofaktoren und von Patientenpräferenzen.

Quellen:
1. Rooney MR et al. JAMA Internal Med 2021; DOI: 10.1001/jamainternmed.2020.8774
2. Lam K, Lee SJ. A.a.O.; DOI: 10.1001/jamainternmed.2020.8773