Prädiabetes: Neue Risikophänotypen bieten Chancen für Prävention
Prädiabetes ist ein Risikozustand, keine Krankheit, betonte Professor Dr. Andreas Fritsche vom Universitätsklinikum Tübingen und DZD. Es gilt diejenigen Patienten mit Prädiabetes herauszufiltern, die ein besonders hohes Risiko dafür tragen, in der nächsten Zeit einen manifesten Typ-2-Diabetes zu entwickeln. Das sind etwa 10-30 % der Betroffenen.
Wer profitiert von Lebensstilinterventionen?
Doch wer gehört zur Hochrisikogruppe und wer profitiert von Lebensstiländerungen? Diesen Fragen gingen Prof. Fritsche und sein Team nach. Bereits vor einigen Jahren hat die Arbeitsgruppe im Rahmen des „Tuebinger Lebensstil Interventions-Programms (TULIP)“ zwei Hochrisikophänotypen identifizieren können:
- eine verminderte Insulinsekretion und eine Proinsulinkonversionsstörung / geringe Response auf Lebensstilinterventionen
- Insulinresistenz und Fettleber in Kombination / hohe Response auf Lebensstilinterventionen.
„Basierend auf diesen Erkenntnissen haben wir dann die Multicenter-Studie PLIS* des DZD initiiert“, sagte Prof. Fritsche. 1160 Menschen mit einer gestörten Glukosetoleranz und/oder einem erhöhten Nüchternblutzucker wurden stratifiziert nach ihrem Risikophänotyp:
- Prädiabetes mit niedrigem Risiko: normale Insulinsekrektion bzw. keine Insulinresistenz und normales Leberfett
- Prädiabetes mit hohem Risiko: reduzierte Insulinsekretion bzw. Insulinresistenz und Fettleber
„Diese beiden Strata haben wir dann randomisiert verschiedenen Lebensstilinterventionen zugeteilt“, berichtete Prof. Fritsche. Die Niedrig-Risikogruppe wurde aufgeteilt in konventionelle Lebensstilintervention (Beratung 8 h/Jahr und 3 h Bewegung/Woche) bzw. keine Intervention (Kontrolle). Die Hochrisikogruppe in konventionelle bzw. intensive Lebensstilintervention (Beratung 16 h/Jahr und 6 h Bewegung/Woche).
Tatsächlich profitierten die Patienten aus der Hochrisikogruppe im Laufe eines Jahres signifikant stärker von der intensiven Intervention in Bezug auf das kardiovaskuläre Risiko und den Fettgehalt der Leber. Zudem führte die intensive gegenüber konventioneller Lebensstilintervention innerhalb von drei Jahren kumulativ häufiger zur Normalisierung des Gluskosestoffwechsels.
Weitere Subphänotypen des Prädiabetes identifiziert
Allerdings zeigte sich bei den Patienten der PLIS-Studie eine starke Varianz bezüglich der Response auf die Interventionen. „Das ist ein Hinweis darauf, dass es weitere Subphänotypen des Prädiabetes mit unterschiedlicher Prognose auch in Bezug auf Folgeerkrankungen des Diabetes geben muss“, erklärte Prof. Fritsche. Sein Team konnte jüngst sechs solcher Prädiabetes-Subgruppen identifizieren. U.a. anhand des genetischen Risikos und der Körperfettverteilung ließen sich sechs Cluster darstellen.
Parameter der Clustereinteilung
- Genetisches Risiko
- Subkutanes Fettgewebe
- Viszerales Fett
- Leberfett
- Insulinsekretion
- Insulinsensitivität
- AUC Glukose (oGTT)
- HDL-Cholesterin
*Prädiabetes Lebensstil-Interventions-Studie
Quelle: Diabetes Kongress 2019