Gesundes Altern unterstützen Prävention von Frailty gelingt nur mittels konkreter Konzepte
Frailty findet als übergeordnetes multidimensionales Syndrom in der Geriatrie immer mehr Beachtung. Objektivierbar ist Frailty durch verschiedene Fragen und Untersuchungen. Hierzu gehören das Messen von Handkraft und Gehgeschwindigkeit, die Fähigkeit zum Treppensteigen, Selbstständigkeit im Alltag, Ernährungsstatus, psychosoziale Situation, Komorbiditäten und Medikation.
Frailty geht mit stark reduzierter homöostatischer Reservekapazität einher. Diese erhöhte Vulnerabilität führt z. B. dazu, dass schon eine kleine Störung, etwa eine leichte Infektion, den Gesundheitszustand übermäßig und anhaltend verschlechtern kann. Es sind dann vermehrt Komplikationen zu befürchten sowie der Verlust der Selbstständigkeit.
Während es bei der Behandlung der Frailty schon einige etablierte Konzepte gibt, wurde das Potenzial einer Prävention bisher nur wenig erforscht, schreibt das Autorenteam um Annette Eidam vom Geriatrischen Zentrum der Universität Heidelberg. Aus der Analyse von beeinflussbaren Risikofaktoren (z. B. Rauchen, sitzende Lebensweise) und protektiven Faktoren hat die Gruppe Erfolg versprechende Präventionsmöglichkeiten abgeleitet und die dazu vorliegende Evidenz ergründet.
Ohne körperliches Training bleibt Prävention erfolglos
Die meisten Daten gibt es zum Effekt des körperlichen Trainings. Ein systematisches Review mit Netzwerk-Metaanalyse ergab, dass körperliches Training dem Auftreten von Frailty signifikant vorbeugen kann. In der DO-HEALTH-Studie verminderte ein einfaches Heimtrainingsprogramm zusammen mit einer Substitution von Vitamin D und Omega-3-Fettsäuren das Risiko, ein Pre-Frailty-Syndrom zu entwickeln, signifikant. Beide Komponenten für sich hatten keinen signifikanten Einfluss.
Langzeiteffekte wurden in der Pre-Frail-80-Studie beobachtet. Über 80-jährige Erwachsene erhielten über sechs Monate eine Mehrfachintervention. Dazu gehörten die Revision der Medikation bei Polypharmazie, individuelle Ernährungsempfehlungen, Training und Assessment sozialer Faktoren. Auch nach drei Jahren lag die Pre-Frailty-Inzidenz in der Interventionsgruppe noch signifikant niedriger als in der Kontrollgruppe.
In der Routineversorgung ist die Prävention von Frailty zumindest in Deutschland noch nicht angekommen. Hinderlich ist die Tatsache, dass das deutsche Gesundheitssystem kein verbindliches Screening älterer Menschen vorsieht. Anders ist dies im britischen Gesundheitssystem, das Hausärztinnen und Hausärzte dazu verpflichtet, über 65-Jährige routinemäßig auf das Vorliegen von Frailty zu untersuchen. Voraussetzung dafür, Ähnliches in Deutschland zu etablieren, ist unter anderem ein standardisiertes Instrument für die Erfassung von Frailty.
Durch die EU gefördert wird ein Konsortium von Vertretern aus 22 Mitgliedsstaaten, die einen sogenannten Frailty-Prevention-Approach entwickelt haben. Hieran kann man sich orientieren, wenn man Maßnahmen zur Prävention von Frailty implementieren will. Die Basis bilden laienverständliche Aufklärung, standardisierte Erfassung von Frailty, das Angebot von Präventionskursen und eine spezifische ärztliche Weiterbildung.
Das Konzept des sogenannten Healthy Ageing der WHO und das darauf basierende Modell Integrated Care for Older People (ICOPE) bieten ebenfalls eine Grundlage für die Prävention. Mit dem Ziel, gesundes Altern zu unterstützen, soll die intrinsische Kapazität älterer Menschen verbessert werden. Sie umfasst fünf Domänen: Fortbewegung, Vitalität, sensorische Funktionen, Kognition und psychologische Faktoren.
Multimodaler Ansatz zur Prävention notwendig
Um Frailty vorzubeugen, wird immer ein mehrdimensionaler Ansatz benötigt. Besonders wirksam scheint körperliches Training zu sein. Auch einer optimierten Ernährung wird Bedeutung beigemessen. In der Beratung älterer Menschen müssen lebensstilbezogene Risikofaktoren angesprochen und konkrete Vorschläge für Veränderungen gemacht werden. Es sollte auf alterstypische Risiken, z. B. eine Protein-Energie-Malnutrition geachtet werden. Bei der Medikation ist es sinnvoll zu prüfen, dass keine iatrogenen ungünstigen Effekte entstehen.
Quelle: Eidam A et al. Z Gerontol Geriatr 2024; 57: 435-441; doi: 10.1007/s00391-024-02353-w