Kranke Haut mindert Lebensqualität enorm „Proaktiv cremen“ als Basistherapie – gerade bei Diabetes

Autor: Dr. Karin Kreuel

Als Faustregel könne gelten: Je trockener die Haut, desto lipidhaltiger die Hautpflege. Als Faustregel könne gelten: Je trockener die Haut, desto lipidhaltiger die Hautpflege. © peopleimages.com - stock.adobe.com

Fast ein Drittel der Diabetespatient*innen entwickeln Hauterkrankungen oder -veränderungen, nicht selten bereits vor der Diagnosestellung. Bei guter Einstellung des Diabetes sind Effloreszenzen und Symptome rückläufig oder sistieren.

"Sie sind nicht nur in Ihrer Lotsenfunktion, sondern auch als Therapeuten gefragt, wenn es um Hauterkrankungen geht“, betonte Professor Dr. med. Petra Staubach-Renz, Oberärztin der Hautklinik am Universitätsklinikum Mainz. „Wenn die Grunderkrankung gut eingestellt ist, kommt es erst gar nicht zu diesen Hautveränderungen oder sie sind regradient.“ Zu den heterogegen Ursachen gesellen sich pathologische Veränderungen wie Angiopathien und Neuropathien, dazu kommen Nebenwirkungen von Diabetestherapien. 

Reduzierte Hautbarriere lässt Erregern leichtes Spiel

Bei Diabetes mellitus besteht ein trockenes Hautmilieu, häufig begleitet von Pruritus. Daher sei die tägliche Behandlung mit Basistherapeutika für die Pflege der Haut unabdingbar. „Wir nennen das nicht mehr Basispflege, sondern Basistherapie, um den Stellenwert zu erhöhen!“ Die Dermatologin machte darauf Aufmerksam, dass man bei extremer Hauttrockenheit (Xerosis cutis) meist keine große Hautveränderung sehe, außer vielleicht einer silbernen Schuppung oder Lichenfikation. Basistherapeutika sollten aus Kombinationen von rückfeuchtenden und rückfettenden sowie filmbildenden Inhaltsstoffe bestehen, bei Bedarf ergänzt durch Antipruriginosa oder beruhigende Ingredenzien.1 Als Faustregel könne dabei gelten: Je trockener die Haut, desto lipidhaltiger die Hautpflege.2 Allerdings gelten reine Öle als kontraproduktiv. Entzündete Hautstellen bräuchten weniger Fett, dafür mehr Feuchtigkeit und gegebenenfalls zinkhaltige Präparate. 

Juckreiz als Zeichen für Gestationsdiabetes

In der Schwangerschaft kann Juckreiz ein frühes Zeichen für einen Gestationsdiabetes oder die Verschlechterung einer Diabeteserkrankung sein — auch bei nicht sichtbaren Hautläsionen.4 

Besonders gut kontrolliert werden sollten belastete Hautstellen, insbesondere Hyperkeratosen im Fußbereich. Präventiv eignen sich Basistherapeutika mit 10 – 30-%igem Harnstoff (Urea) oder 5 – 10-%iger Salizylsäure zum täglichen, sanften Abschilfern von Hyperkeratosen, um Rhagaden oder Fissuren zu vermeiden, die zu Superinfektionen führen können.1 Durch die gestörte Hautbarriere, ein geschwächtes Immunsystem und erhöhte Glukosekonzentrationen in der Epidermis leide sogar jeder Zweite an Diabetes Erkrankte an Hautinfektionen (Mykosen, bakterielle Infektionen, virale Erkrankungen wie Warzen und Herpers-Formen) und ein Viertel zeige klinische Zeichen einer Candidose. Mischinfektionen seien häufig. Bei bakteriellen Infektionen gelten topische Antibiotika nach Angabe der Dermatologin aufgrund der häufigen Rezidive und der damit einhergehenden Entwicklung von multiresistenten Keimen als obsolet. 

Ein Zehntel aller Diabetes-Patient*innen weist laut der Professorin eine diabetische Dermopathie auf: Vorwiegend an den Streckseiten der Unterschenkel zeigen sich bräunliche bis rötliche, teils runde Areale, die auf der diabetischen Mikroangiopathie und/oder Mikrotraumata beruhen. Bei schlecht eingestelltem Diabetes typisch sei eine Necrobisosis lipoidica. Ebenso wie bei Triglyzeridämien können eruptive Xanthome auftreten, nach langer Diabeteshistorie auch eine diabetische Blasenbildung. Viele ältere Männer mit Typ-2-Diabetes entwickeln Sklerödeme an Nacken und Hals. Als bislang unterdiagnostizierte Systemerkrankung gelte Acne inversa, die ähnlich wie die Psoriasis vulgaris aufgrund einer systemischen Inflammation häufig mit Adipositas, Fettstoffwechselstörungen, Diabetes u. a. Begleiterkrankungen assoziiert ist. Eine Vitiligo tritt nach einem aktuellen Review mit Metaanalyse häufig in Verbindung mit Autoimmunerkrankungen wie Typ-1-Diabetes auf, aber auch mit Schilddrüsenerkrankungen oder dem Metabolischem Syndrom.3

Quellen: 

Diabetes Update 2024
1. Augustin M et al. J Dtsch Dermatol Ges 2018; 16 Suppl 4: 3-35; DOI: 10.1111/ddg.13580
2. David P et al. Cureus 2023; 15(5): e38961; DOI: 10.7759/cureus.38961
3. Lee JH et al. J Invest Dermatol 2023; 143(5): 777-789.e6; DOI: 10.1016/j.jid.2022.10.021
4. Keum H et al. Am J Obstet Gynecol 2024; 14;6(1): 101226; DOI: 10.1016/j.ajogmf.2023.101226