Pathophysiologie des Typ-2-Diabetes Prof. Dr. rer. nat. Annette Schürmann mit der Paul-Langerhans-Medaille geehrt

Autor: Petra Spielberg

Experimentelle Arbeit liefert neuste Erkenntnisse zur molekularen Ursache von Adipositas und Typ-2-Diabetes. Experimentelle Arbeit liefert neuste Erkenntnisse zur molekularen Ursache von Adipositas und Typ-2-Diabetes. © vegefox.com – stock.adobe.com

Für ihre Studien zu den molekularen Ursachen von Adipositas und Typ-2-Diabetes hat die Deutsche Diabetes Gesellschaft die Molekularbiologin mit der Paul-Langerhans-Medaille geehrt, der höchsten Auszeichnung der DDG.

Experimentelle Arbeiten in Modellorganismen, die zum Verständnis des Diabetes beitragen, bilden einen wesentlichen Kern der Forschungstätigkeit von Professorin Dr. rer. nat. Annette Schürmann. Für ihre Studien zu den molekularen Ursachen von Adipositas und Typ-2-Diabetes hat die Deutsche Diabetes Gesellschaft die Molekularbiologin mit der Paul-Langerhans-Medaille geehrt, der höchsten Auszeichnung der DDG.

Prof. Schürmann leitet seit 2009 die Abteilung Experimentelle Diabetologie am Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) und ist Vorstandsmitglied des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD). In ihrer Forschung konzentriert sich die 64-Jährige darauf, welche Gene für die Diabetesentstehung relevant sind und inwieweit die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes auch mit epigenetischen Veränderungen in den Langerhans-Zellen einhergehen.

Erkenntnisse, die Prävention und Therapien voranbringen

„Wir gehen davon aus, dass die meisten DNA-Methylierungen, die sich bereits vor der Diagnose im Blut nachweisen lassen, auch im späteren Verlauf der Erkrankung noch in den Langerhans-Inseln vorliegen“, erklärt Prof. Schürmann ihren Forschungsansatz. Sie hat z. B. im Mausmodell mögliche molekulare Schutzmechanismen entschlüsselt, die einen Funktionsverlust der insulinproduzierenden Betazellen bei diabetesresistenten Mäusen verhindern. Sie konnte zeigen, dass ein Großteil der für den Schutzmechanismus relevanten Gene auch bei Menschen eine Rolle spielt. Von den rund 500 identifizierten Genkandidaten, die im Tiermodell bei erhöhtem Diabetesrisiko frühe Veränderungen in der DNA-Methylierung und im Expressionsmuster in den Langerhans-Inseln zeigten, führten Prof. Schürmanns Untersuchungen zufolge 105 Gene auch beim Menschen zu epigenetischen Veränderungen, die mit einer nachfolgenden Diabetes-Diagnose zusammenhängen.

Mit ihren Erkenntnissen hat die Wissenschaftlerin nicht nur maßgeblich dazu beigetragen, Risikopotenziale für einen Typ-2-Diabetes noch früher erkennen und der Krankheit präventiv entgegenwirken zu können, sondern auch wertvolle Ansätze für mögliche neue Therapien des Typ-2-Diabetes geliefert. Ein weiteres wichtiges Augenmerk ihrer wissenschaftlichen Arbeit gilt dem Einfluss verschiedener Diäten und der Analyse möglicher protektiver Effekte von Nahrungskomponenten und vesikulären Transportmechanismen, die z. B. bei der Sekretion von Insulin eine Rolle spielen.

Werben um den Nachwuchs, Forderungen für den Nachwuchs

Zudem engagiert sie sich in der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Dies spiegelt sich wider in ihrer langjährigen Tätigkeit als Schirmherrin der AG Nachwuchs der DDG und in ihrer Professur am DIfE und an der Universität Potsdam. „Die Diabetologie ist wie kaum eine andere medizinische Fachrichtung sehr vielseitig und hat gerade in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. Sie bietet nicht nur für die Medizin, sondern auch für andere Fachdisziplinen viele spannende Tätigkeitsbereiche und Forschungsansätze“, so die Forscherin.

Dies sowie die Erfordernis, die Versorgung von immer mehr Menschen mit Diabetes nachhaltig zu sichern, spornen sie an, Mediziner*innen und Forscher*innen, z. B. aus der Naturwissenschaft und der Bioinformatik, für die Diabetologie zu begeistern. Prof. Schürmann ist überzeugt, dass die kommende Generation von Ärzt*innen und Wissenschaftler*innen großes Potenzial hat, die Missstände bei der diabetologischen Expertise in Klinik und Praxis zu erkennen und sich aktiv für Verbesserungen einzusetzen. Hierfür seien eine faire Entlohnung von langen Arbeitszeiten und die Schaffung von mehr entfristeten Stellen allerdings unabdingbar. Die wesentlichen wissenschaftlichen Herausforderungen für ihr Fach sieht sie in der weiteren Erforschung der Pathomechanismen und der Identifizierung epigenetischer Muster als prädiktive Biomarker für die Entstehung von Typ-2-Diabetes sowie in der Untersuchung der Rolle von nichtcodierenden RNAs bei der Zell-Zell-Kommunikation als Grundlage für eine Präzisionsmedizin.

Quelle: Medical-Tribune-Bericht