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SAPV ist noch ausbaufähig Regionale Pilotprojekte könnten Lücken in ambulanter Palliativversorgung schließen

DGP-Kongress 2024 Autor: Friederike Klein

Gute Palliativversorgung erfordert  multiprofessionelle Zusammenarbeit. Gute Palliativversorgung erfordert multiprofessionelle Zusammenarbeit. © Dan Race – stock.adobe.com
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Seit 2007 haben Patienten einen gesetzlichen Anspruch auf eine spezialisierte ambulante Palliativversorgung. Derzeit übersteigt der Bedarf bei Weitem das Angebot. Eine psychosoziale Fachkraft ist zudem nur selten im Team.

Schätzungen zufolge beläuft sich der Bedarf an SAPV-Teams auf eines pro 100.000 Einwohner, aktuell stehen aber nur 0,3 zur Verfügung, berichtete Dr. Franziska Kaestner von den Fachkliniken Wangen, die selbst in einem örtlichen SAPV-Team mitarbeitet. Noch immer bestehen deutliche regionale Unterschiede, was die Verfügbarkeit dieser Unterstützung am Lebensende angeht. Jährlich beläuft sich die Zahl der Neuverordnungen in Deutschland auf etwa 65.000, die Ablehnung durch die Krankenkassen wird seltener, so ihr Eindruck. Nach wie vor sei es jedoch schwieriger, bei einer nicht-onkologischen Erkrankung eine SAPV-Verordnung durchzubekommen als bei Krebs.

Laut SAPV-Richtlinien des G-BA sind die für einen Anspruch nötigen Voraussetzungen nicht von der Art der Erkrankung abhängig. Es muss lediglich eine nicht heilbare, fortschreitende und so weit fortgeschrittene Erkrankung vorliegen, dass die Lebenserwartung begrenzt ist. Die Betroffenen müssen zudem eine besonders aufwendige Versorgung benötigen, die nach palliativmedizinischen und -pflegerischen Gesichtspunkten auch ambulant erbracht werden kann.

Wichtig ist eine multiprofessionelle Betreuung, betonte Dr. Kaestner. Im Bundesrahmenvertrag sind Ärzte und Pflegefachkräfte vorgesehen. Eine psychosoziale Fachkraft, wie sie von der S3-Leitlinie Palliativmedizin gefordert wird, gilt hingegen nicht als integraler Bestandteil. Doch die Arbeitsfelder der SAPV gehen über die Symptomlinderung durch das ärztlich-pflegerische Team hinaus. Die Lösung der Politik heißt „Besonders qualifizierte und koordinierte palliativmedizinische Versorgung“, kurz BQKPMV – eine Abkürzung, die sich kaum einer merken kann. Dr. Kaestner nannte das „eine gute Idee“, die in der Versorgung aber noch nicht angekommen sei. 2019 lag der Anteil der Inanspruchnahme bei nur 4,4 %. Die BQKPMV geht mit etwas mehr Vergütung, aber auch mehr Regeln und geforderten Qualifikationen einher.

In Deutschland herrscht ein Flickenteppich an Regelungen zur SAPV. Pilotprojekte schließen auch eine psychosoziale Fachkraft ein, sind aber nur in einzelnen Regionen verfügbar. In Bremen wird beispielsweise seit 2019 der Einsatz einer Palliativlotsin erprobt. Diese speziell ausgebildete Sozialarbeiterin begleitet palliative Tumorpatienten mit komplexem sozialmedizinischem Beratungsbedarf und unterstützt kontinuierlich auch durch Hausbesuche. Die Palliativlotsin ist auch nach dem Ende des Pilotprojektes weiterhin im Einsatz, aber nicht krankenkassen-, sondern spendenfinanziert. „Das ist schade“, findet Dr. Kaestner.

In Augsburg wurde zum 1. Januar 2018 mit einigen Krankenkassen ein integrierter Versorgungsvertrag zur „integrierten Allgemeinen Palliativversorgung“ (i-APV) geschlossen. Ziel ist die Verringerung von Unter- und Überversorgung sowie Krankenhauseinweisungen am Lebensende. Explizit werden Hospizdienste und weitere Professionen einbezogen. Eine zentrale Koordinierungsstelle übernimmt die Organisation und Vernetzung aller Leistungen in der Region.

In Westfalen-Lippe zielt eine Vereinbarung zur ambulanten palliativmedizinischen Versorgung auf eine enge, früh im palliativen Betreuungsprozess einsetzende und flächendeckende Zusammenarbeit von Hausärzten und palliativmedizinischen Konsiliardiensten. Sinn und Zweck des Ganzen ist es, die ambulante Palliativversorgung und die SAPV besser zu verzahnen.

Die Evaluation der SAPV-Richtlinie ergab bislang ein positives Bild, berichtete Dr. Kaestner. Allerdings hängt die Zufriedenheit von Patienten, Angehörigen und Hausärzten mit der SAPV mehr von der Kommunikation und Erreichbarkeit ab als von den Symptomen und deren Besserung. Symptomlinderung ist eben nicht alles, so Dr. Kaestner.

Quelle: Kongressbericht 64. Kongress der DGP (Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin)