Tollwut Schutzimpfung rettet jährlich hunderttausende Menschenleben
Nach WHO-Angaben sterben weltweit jedes Jahr rund 60.000 Menschen an Tollwut. Von einer hohen Dunkelziffer ist auszugehen. Die Übertragung der Rabiesviren erfolgt hauptsächlich durch den Speichel verwilderter Haus- und Nutztiere, insbesondere durch streunende Hunde (terrestrische Tollwut). Seltener kommt es zur Ansteckung durch Katzen oder Füchse, Waschbären und andere Wildtiere oder durch Fledermäuse.
60 % aller nachgewiesenen Infektionen ereignen sich im asiatischen Raum, insbesondere in China und Indien. Es folgen afrikanische Länder (36 %) sowie Mittel- und Südamerika. In Europa ist das Ansteckungsrisiko für Tollwut vergleichsweise gering, erklären Melanie Maier und Professor Dr. Uwe Liebert vom Institut für Virologie der Universitätsmedizin Leipzig. So wurde in Deutschland in den vergangenen 40 Jahren lediglich von fünf Fällen terrestrischer Tollwut beim Menschen berichtet, davon waren drei importiert. Für ganz Europa wurden in dem Zeitraum 281 Fälle gemeldet. Eine größere Gefahr stelle hingegen die Fledermaustollwut dar: Zwischen 1977 und 2004 steckten sich europaweit über tausend Menschen damit an, allein 259 in Deutschland.
Inkubationszeit von mehreren Jahren möglich
Die durchschnittliche Inkubationszeit nach der Biss- oder Kratzverletzung durch ein infiziertes Tier beträgt 15–90 Tage, ggf. auch mehrere Jahre. Die Viren wandern von der Wunde entlang der Nervenbahnen ins Rückenmark und retrograd ins Gehirn, wo sie eine Enzephalomyelitis verursachen. Als erste Symptome zeigen sich häufig Sensibilitätsstörungen und Schmerzen an der Bissstelle.
Die typische enzephalitische oder agitierte Wut äußert sich nachfolgend unter anderem durch Hydrophobie, Lichtscheu, Erregbarkeit, Halluzinationen, schließlich Krampfanfälle und Delirium. Innerhalb weniger Tage kommt es zum Tod durch Herz- oder Atemlähmung. Manifestiert sich die Krankheit mehr im Bereich des Rückenmarks, resultiert die deutlich seltenere paralytische oder stille Variante. Kennzeichnend sind Schwäche, Schmerzen und Störungen der Sinneswahrnehmungen sowie von den Beinen aufsteigende Lähmungen.
Im MRT zeigt sich die Infektion durch Aufhellungen am Nucleus caudatus und im Hippocampus. Eine kausale Therapie fehlt. In Einzelfällen soll das sogenannte Milwaukee-Schema mit Induktion eines künstlichen Komas und kombinierter antiviraler Therapie Infizierten ein Überleben ermöglicht haben, schreiben die beiden Virologen.
Kommt es zum Kontakt mit einem tollwutverdächtigen Tier (s. Kasten), müssen Biss- oder Kratzwunden sofort mit viel Wasser und Seife sowie Jodlösung oder 70%igem Alkohol gereinigt werden. Von einem chirurgischen Wundverschluss ist abzusehen. Bis heute bietet eine Impfung die einzige Möglichkeit, den Ausbruch der Krankheit zu verhindern. Sie muss innerhalb von Stunden durchgeführt werden, betonen die beiden Autoren.
So erkennt man ein tollwutkrankes Tier
Schutzwirkung setzt nach zwei bis fünf Wochen ein
Für Menschen, die einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt sind, wie etwa Jäger, Förster, Höhlenforscher oder Tierärzte, aber auch für Reisende in Hochendemiegebiete steht eine präexpositionelle Impfung zur Verfügung. Diese erfolgt in drei Dosen innerhalb von 28 Tagen. Der Schutz beginnt nach zwei bis fünf Wochen. Auffrischungen finden nach einem Jahr statt, danach alle drei bis fünf Jahre.Quelle: Maier M, Liebert U. Dtsch Med Wochenschr 2021; 146: 1370-1371; DOI: 10.1055/a-1077-0644