Speck und Seife gegen chronische Wunden
Etwa drei Millionen Menschen in Deutschland leiden unter chronischen Wunden. Konventionelle Therapien bleiben häufig erfolglos, daher läuft die Suche nach Alternativen auf Hochtouren. Eigenfett hat sich schon länger in der ästhetischen Chirurgie bewährt, etwa zur Narbenkorrektur oder der Brustrekonstruktion. Es gibt aber viele Aspekte, die es auch für die Wundheilung interessant machen, berichtete Dr. Johannes Eschborn von der Klinik für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Mikrochirurgie, Handchirurgie am Ernst von Bergmann Klinikum in Potsdam.
Eigenfett besitzt
- ein hohes regeneratives Potenzial,
- beherbergt mesenchymale Stammzellen und Wachstumsfaktoren,
- lässt sich als freies Transplantat verwenden,
- ist fast unbegrenzt verfügbar und
- kann minimal-invasiv gewonnen werden.
Die Stammzellen aus dem Fettgewebe können direkt zu Endothelzellen, dermalen Fibroblasten, Keratinozyten und Perizyten differenzieren. Fast noch bedeutsamer sind laut Dr. Eschborn ihre parakrinen Eigenschaften. Über die Sezernierung verschiedener Botenstoffe wirken sie immunregulatorisch und antiinflammatorisch. Zudem fördern sie die Neoangiogenese und beeinflussen Rekrutierung, Migration sowie Proliferation von Gewebezellen.
Keratinozyten migrieren mit Surfactant schneller
Die bis dato vorliegenden Studien sind allerdings eher von niedriger Qualität. Trotzdem kommen Forscher zu einheitlichen Ergebnissen: Eigenfett begünstigt die Wundheilung, reduziert den Schmerz und verursacht kaum Komplikationen. Die häufigste Indikation stellen derzeit Ulcera cruris dar (39 %). Auf Dekubitalgeschwüre entfällt derzeit etwa jede zehnte Einpflanzung. Darin sieht Dr. Eschborn noch einiges an Potenzial, sogar für die Prävention. So wäre es z.B. denkbar, die Läsionen bei Gelähmten künftig zu verhindern, indem man Eigenfett unterfüttert.
Professor Dr. Dr. Ursula Mirastschijski von der Sektion für Plastische und Ästhetische Chirurgie am Rotkreuzklinikum München hat sich mit dem Thema Surfactant beschäftigt. Sie fand heraus, dass die seifenartige Substanz nicht nur die Oberflächenspannung reduziert, sondern auch die Wundheilung unterstützt und Entzündungen eindämmt. Auf Zellrasen konnte sie nachweisen, dass Keratinozyten nach einem Schaden schneller migrierten, wenn man Surfactant beigab. Fibroblasten blieben allerdings unbeinflusst. In eine klinische Phase-I-Studie schloss sie Freiwillige ein und fügte ihnen oberflächliche, subepidermale Verletzungen zu. Nach zwei und vier Tagen zeigte sich ein signifikant schnellerer Wundverschluss durch die Therapie als mit Kochsalzlösung. Nun sind weitere Untersuchungen mit tieferen Schäden geplant.
Quelle: 1. Nürnberger Wundkongress