Krebsdiagnose? Ab ins Training! Sportprogramm parallel zur Therapie starten, um Fatigue vorzubeugen
Während der Krebstherapie leiden rund 70–90 % der Patienten darunter, erklärte Prof. Dr. Karen Steindorf vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. Bei einem Viertel bis knapp einem Drittel der Betroffenen bleibt die Fatigue über Monate oder Jahre nach Ende der Behandlung bestehen. Das gilt vor allem für die Chemotherapie – aber nicht nur.
Eine Untersuchung von Prof. Steindorf mit 2.500 Krebspatienten ergab, dass Fatigue bei den meisten Malignomen vorkommt. Am häufigsten trat sie in Zusammenhang mit Magen-, Lungen- und Nierenkarzinomen auf. Das genaue Ausmaß bei unterschiedlichen Tumorerkrankungen ist aber bislang nicht bekannt und wird vermutlich insgesamt noch immer unterschätzt, erklärte die Referentin. Fatigue wirkt sich auf die Compliance während der Therapie aus und ist damit unmittelbar relevant für die Prognose. Auch die Lebensqualität der Betroffenen, ihr soziales Umfeld und die Rückkehr ins Berufsleben werden in Mitleidenschaft gezogen.
Besonders hilfreich gegen Fatigue bei Krebserkrankungen wirkt Prof. Steindorf zufolge Sport. Das zeigen neben randomisiert-kontrollierten Studien ihrer Arbeitsgruppe zum Thema Krafttraining auch etliche internationale Untersuchungen zu Ausdauertraining. Sport verbessert vor allem die körperliche Dimension von Fatigue, kann aber teilweise auch emotionale und kognitive Erschöpfung lindern.
In den einschlägigen Leitlinien wird zwar allgemeine körperliche Aktivität erwähnt, so Prof. Steindorf. Tatsächlicher Sport komme ihr aber noch deutlich zu kurz. Intensität und Häufigkeit sollten sich nach den Empfehlungen des American College of Sports Medicine für Krebspatienten aus dem Jahr 2019 richten: Als günstig erwiesen hat sich Ausdauertraining dreimal pro Woche mit insgesamt 90–150 Minuten Dauer und moderater Intensität sowie zwei Einheiten Krafttraining pro Woche. Beides sollte nach Möglichkeit angeleitet stattfinden, da in Studien dann größere Effekte beobachtet wurden.
„Jede Bewegung ist besser als gar keine“, merkte die Expertin an. Die Trainingsziele müssten an die individuelle Situation des Patienten angepasst werden. Bei den Kontraindikationen müsse man aber nicht mehr so vorsichtig sein wie früher.
Besonders wichtig ist es, so früh wie möglich mit der körperlichen Aktivität zu beginnen – nämlich schon parallel zu der antitumoralen Therapie. Häufig sagten Ärzte: „Darum kümmern wir uns später.“ Damit macht man es den Patienten aber schwerer, gab Prof. Steindorf zu bedenken. Denn je früher das Training begonnen wird, desto weniger kann sich die Fatigue entwickeln.
Nicht-pharmakologische Interventionen sind der medikamentösen Therapie zur Linderung von Fatigue derzeit klar überlegen, sagte die Referentin: „Wenn man das Vorliegen anderer Ursachen für die Fatigue als die Krebserkrankung oder -therapie ausgeschlossen hat, besteht keine pharmakologische Indikation.“
Quelle: 130. Kongress der DGIM