Pankreatitis Stufenweise zum Ziel
Die revidierte Atlanta-Klassifikation teilt die akute Pankreatitis (AP) in eine milde, eine moderate und eine schwere Verlaufsform ein. Bei der milden Form (etwa 80 %) fehlen systemische Komplikationen und weitgehend auch lokale. Es können höchstens peripankreatische Flüssigkeitskollektionen (APFC) auftreten, die keiner interventionellen Behandlung bedürfen. Bei milder AP genügt eine konservative Therapie u.a. mit Analgesie und Volumengabe.
Respiratorisches, renales und kardiovaskuläres Organversagen zählen zu den systemischen Komplikationen. Als lokale gelten APFC, infizierte akute nekrotische Kollektionen (ANC), „walled-off-necrosis“ (WON) und pankreatische Pseudozysten, schreiben Privatdozent Dr. Marcus Hollenbach und Kollegen vom Universitätsklinikum Leipzig.
Bei Verdacht auf eine Infektion wird ein Eingriff nötig
Eine schwere Verlaufsform ist gekennzeichnet durch ein länger als 48 h persistierendes Organversagen und das Vorhandensein von Komplikationen. Diese Patienten haben eine hohe Letalität von mehr als 50 %. Als moderat wird die AP eingestuft, wenn ein Organversagen nur transient auftritt und/oder Komplikationen bestehen.
Lokale Komplikationen ohne Hinweis auf eine sekundäre bakterielle Infektion kann man zunächst konservativ behandeln. Sind sie aber symptomatisch oder bakteriell infiziert, sollte eine interventionelle Therapie erfolgen. Bei Verdacht auf eine Infektion kann man versuchen, mit einer durch EUS gestützten Feinnadelaspiration einen Erregernachweis zu erbringen. Entscheidend für die Therapieindikation ist aber der klinische Verdacht – auch wenn keine Infektion nachgewiesen werden kann.
Weniger Komplikationen als bei offener Nekrosektomie
Das offene operative Débridement bei schwerer nekrotisierender AP gehört der Vergangenheit an. An dessen Stelle ist heute ein stufenweises minimalinvasives interventionelles Vorgehen getreten. Zunächst wird eine transgastrische, transduodenale oder perkutane Drainage angelegt. Wenn sich innerhalb von 72 h keine Besserung einstellt, werden die Nekrosen über diese Zugangswege endoskopisch entfernt. Dieses Vorgehen ist mit erheblich weniger Komplikationen belastet als die offene Nekrosektomie. Um die Nekrosen vollständig zu entfernen, braucht man aber nicht selten mehrere Interventionen. Versagt die minimalinvasive Therapie, besitzt das chirurgische Vorgehen auch heute noch Relevanz.
Persistiert peripankreatische Flüssigkeit oder bilden sich Fisteln trotz Intervention, könnte dies auf eine Pankreasgangruptur hinweisen. Therapieoptionen sind die EUS-gestützte transmurale Drainage, eine transpapilläre Drainage via ERCP und die chirurgische Intervention.
Pseudozysten sollte man behandeln, wenn Beschwerden wie starke Schmerzen oder Komplikationen wie Infektionen, Blutungen oder Rupturen auftreten. Standardtherapie ist die EUS-gestützte Einlage von transgastrischen/transduodenalen Drainagen. Besteht eine Verbindung mit dem Pankreasgang und sind die Pseudozysten < 5 cm, empfiehlt sich eine transpapilläre Drainage via ERCP. Keinen Nutzen scheint ein zusätzlicher transpapillärer Stent zu bringen.
Für die transgastrische/transduodenale Drainage stehen Doppel-Pigtail-Plastikstents, vollgecoverte Metallstents und lumenadaptierende Metallstents (LAMS) zur Verfügung. Die häufig propagierten Vorteile der LAMS gegenüber den anderen Stenttypen haben sich in Studien nicht als so groß erwiesen, dass man sie als Stents der ersten Wahl bezeichnen könnte. Es gibt aber Situationen, in denen man sie bevorzugt einsetzen kann, beispielsweise wenn eine kurze Untersuchungsdauer wichtig ist.
Quelle: Hollenbach M et al. Internist 2021; 62: 1055-1064; DOI: 10.1007/s00108-021-01154-2