Dermatose und Psyche Teufelskreis aus Entzündung und Stress
Sichtbare Hautläsionen, chronischer Juckreiz und Schmerzen beeinträchtigen die Lebensqualität von Patienten mit entzündlichen Hautkrankheiten. Langfristig kann sich dieser Zustand negativ auf die psychische Gesundheit auswirken. So leiden Patienten mit Erkrankungen wie Akne vulgaris, atopischer Dermatitis und Psoriasis häufiger an Angststörungen, Depressionen und Selbstmordgedanken als die Allgemeinbevölkerung. Die Betroffenen drohen in eine Abwärtsspirale abzugeleiten, in der sich bedingt durch den psychischen Stress der Zustand ihrer Haut weiter verschlechtert.
Doch welche neurobiologischen Mechanismen stecken hinter dieser Verbindung zwischen Psyche und Hautgesundheit? Dieser Frage ist das Team um Georgia Biazus Soares von der University of Miami Miller School of Medicine in einer Übersichtsarbeit nachgegangen. Daraus geht hervor, dass die systemische Inflammation und das sogenannte „Default-Mode-Netzwerk“ (DMN) im Gehirn eine Schlüsselrolle bei der Verschlimmerung und Aufrechterhaltung von psychischem Stress aufgrund entzündlicher Hauterkrankungen spielen könnten.
In Studien wurde festgestellt, dass im Blut von Menschen mit Depressionen größere Mengen proinflammatorischer Zytokine, wie die Interleukine(IL)-1 und -6 sowie der Tumornekrosefaktor(TNF)-alpha, zu finden sind. Ähnliche Beobachtungen ließen sich auch bei Patienten mit entzündlichen Hauterkrankungen machen. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass eine Erhöhung von Entzündungsbotenstoffen sogar bei gesunden Personen depressionsähnliche Symptome hervorrufen kann.
Ein häufig diskutierter Erklärungsansatz hierfür basiert auf der Darm-Hirn-Achse. Es wird angenommen, dass psychischer Stress eine Dysbiose des Darmmikrobioms hervorruft, welche die Barrierefunktion des Darms schwächt. Aufgrund der erhöhten intestinalen Permeabilität gelangen Pathogene und Toxine leichter in den Blutkreislauf, wo es daraufhin zu einem Anstieg proinflammatorischer Zytokine kommt. Diese Entzündungsmediatoren scheinen teilweise auch die Blut-Hirn-Schranke zu passieren. Darüber hinaus stimulieren sie die Freisetzung von Zytokinen aus Mikrogliazellen und können so eine Neuroinflammation auslösen.
Ein Netzwerk, das besonders empfindlich darauf reagiert, ist das DMN. Es besteht aus dem medialen und inferioren parietalen Kortex sowie dem medialen präfrontalen und temporalen Kortex. Diese Hirnregionen spielen eine Rolle beim autobiografischen Gedächtnis, der Bewertung von sich selbst und anderen sowie der Lenkung der internen Aufmerksamkeit auf bestimmte Informationen. In einer Studie wurde gezeigt, dass Patienten mit chronischen Schmerzen und erhöhter Aktivität im DMN häufiger bzw. stärker in negativen Gedanken in Bezug auf ihre Krankheit gefangen sind. Gleiches gilt möglicherweise auch für Patienten mit entzündlichen Hautkrankheiten.
Ein Weg, über den die Haut und das Gehirn miteinander kommunizieren, ist die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden (HPA)-Achse. Als Reaktion auf Stress wird im Hypothalamus das Corticotropin-Releasing-Hormon (CRH) gebildet, das wiederum die Ausschüttung von adrenocorticotropem Hormon (ACTH) aus dem Hypophysenvorderlappen fördert. In den Nebennieren sorgt ACTH für eine erhöhte Produktion von Cortisol. Die HPA-Achse moduliert eine Vielzahl von physiologischen Abläufen, einschließlich der Aktivität des Immunsystems und der Aufrechterhaltung der Hautbarriere.
Auch die Zellen der Haut können als Reaktion auf mechanische, chemische und physische Reize CRH, ACTH und Cortisol produzieren. Man bezeichnet diesen neuroendokrinen Kontrollmechanismus auch als periphere HPA-Achse. Wechselwirkungen zwischen der zentralen und peripheren HPA-Achse erklären möglicherweise, wie psychischer Stress entzündliche Hauterkrankungen verschlimmert. So kann das von der zentralen HPA-Achse freigesetzte Cortisol an Glukokortikoidrezeptoren von Hautzellen wie Keratinozyten binden und so die periphere HPA-Achse aktivieren.
Quelle: Biazus Soares G et al. J Eur Acad Dermatol Venereol 2024; 38: 821-834; DOI: 10.1111/jdv.19813