Antidepressiva auch bei milden Depressionen sinnvoll
Antidepressiva wirken erst bei schweren Depressionen besser als Placebo? Von wegen! 2008 stießen die Ergebnisse einer Metaanalyse eine heftige Debatte an.1 Deren Autoren resümierten damals: Im Grunde bringen Antidepressiva bei leichten Depressionen wenig. Erst für schwere Ausprägungen lohnt sich ein Einsatz, sonst reichen auch Placebos.
Unter seinen Kollegen wird das Thema bis heute „virulent diskutiert“, sagte Professor Dr. Erich Seifritz, Psychiatrische Universitätsklinik Zürich. Ein Jahrzehnt später zeigte sich: Wie sooft ist es mehr eine Frage der Perspektive – beziehungsweise der Statistik.
Schwedische Forscher analysierten Daten aus 28 randomisiert kontrollierten Studien mit einem neuen Ansatz.2 Sie gingen davon aus, dass jene Items der Hamilton-Depressionsskala, die auf sekundäre Beschwerden einer Depression wie Schlaf- oder sexuelle Probleme abzielen, die Wirksamkeit von selektiven Serotonin- Wiederaufnahmehemmern (SSRI) verzerren.
Einsatz laut Experte klinisch gerechtfertigt
Berechnet man die Effekte der Präparate nur für die Kernsymptome (zum Beispiel Schuldgefühle, psychomotorische Verlangsamung oder Angst), zeige sich sehr wohl eine klare antidepressive Wirkung bei leichten Ausprägungen, so Prof. Seifritz. Er hält einen Einsatz daher für klinisch gerechtfertigt.
Quellen:
1. Kirsch I et al. PLoS Med 2008; 5: e45; DOI: 10.1371/journal.pmed.0050045
2. Hieronymus F et al. Lancet Psychiat 2019; 6: 745-752; DOI: 10.1016/S2215-0366(19)30216-0
Verwandte Links
- Initial Severity and Antidepressant Benefits: A Meta-Analysis of Data Submitted to the Food and Drug Administration Kirsch I et al. PLoS Med 2008; 5: e45
- Influence of baseline severity on the effects of SSRIs in depression: an item-based, patient-level post-hoc analysis Hieronymus F et al. Lancet Psychiat 2019; 6: 745-752
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