Schlaganfall-Prävention Todesstoß für den EC-IC-Bypass?

Autor: Alexandra Simbrich

Alle Teilnehmer hatten in den letzten zwölf Monaten einen Schlaganfall oder eine transitorisch ischämische Attacke erlitten. Alle Teilnehmer hatten in den letzten zwölf Monaten einen Schlaganfall oder eine transitorisch ischämische Attacke erlitten. © MclittleStock - stock.adobe.com

Ein extrakraniell-intrakranieller Bypass soll Patienten mit einer Minderdurchblutung des Gehirns vor einem Schlaganfall schützen. Allerdings zeigten bisherige randomisierte Studien keinen Nutzen. Forscher aus China stellten das Verfahren nun mit zeitgemäßer Methodik erneut auf den Prüfstand.

Bereits mehrere Studien ergaben keinen Nutzen für den extrakraniell-intrakraniellen Bypass zur Schlag­anfall­prävention. Allerdings gab es Kritik an der Methodik der bisherigen Untersuchungen: Unter anderem wurden nur Patienten mit atherosklerotischer Stenose bzw. Verschluss der Arteria carotis ­interna (ICA) oder der Arteria cerebri ­media (MCA) untersucht. Patienten mit hämodynamischer Insuffizienz, für die ein EC-IC-Bypass vermutlich von größtem Nutzen wäre, blieben unberücksichtigt. Inzwischen haben sich außerdem die chirurgischen Techniken verbessert.

All dies war Anlass genug für ein Team um Dr. ­Yan ­Ma von der Klinik für Neurochirurgie und interventio­nelle Neuroradiologie am Xuanwu Hospital in Peking, die Therapie mit einer verbesserten Patientenauswahl erneut auf den Prüfstand zu stellen. In ihre multizentrische Studie schlossen die Forscher 324 Patienten mit ICA- oder MCA-Verschluss (medianes Alter 52,7 Jahre; 79 % Männer) ein. Alle Teilnehmer hatten in den letzten zwölf Monaten einen Schlaganfall oder eine transitorisch ischämische Attacke erlitten. Zudem wiesen sie in der Perfusions-CT eine hämodynamische Insuffizienz auf. Diese war unter anderem definiert durch eine mittlere Transitzeit (MTT) auf der symptomatischen Seite von > 4 s und einen relativen zerebralen Blutfluss (rCBF) auf der symptomatischen vs. asymptomatischen Seite von < 0,95.

Tödliche Schlaganfälle traten nur in der Bypass-Gruppe auf

Per Zufallsprinzip wurden die Patienten entweder nur medikamentös behandelt (n = 163) oder sie erhielten zusätzlich einen EC-IC-Bypass (n = 161). Die medikamentöse Therapie umfasste 100 mg/d ASS oder 75 mg/d Clopidogrel. Primärer Endpunkt war eine Kombination aus Schlaganfall oder Tod innerhalb von 30 Tagen nach der Randomisierung und einem ipsilateralen Schlaganfall nach 30 Tagen bis zwei Jahren.

Die Bypass-Anlage zeigte keinen Vorteil: In der chirurgischen Gruppe erreichten 8,6 % den zusammengesetzten primären Endpunkt, in der rein medikamentös behandelten Gruppe 12,3 % (Hazard Ratio, HR, 0,71). Der Unterschied war statis­tisch nicht signifikant. Auch bei den sekundären Endpunkten beobachteten die Forscher keine bedeutsamen Unterschiede zwischen den Gruppen. Drei Teilnehmer erlitten innerhalb von zwei Jahren einen tödlichen Schlaganfall, diese gehörten alle zur Bypass-Gruppe. Zu einem Schlaganfall mit dauerhafter Behinderung kam es innerhalb von zwei Jahren bei 4,1 % in der chirurgischen und 2,0 % in der medikamentösen Gruppe. Auch Patienten mit schwerer hämodynamischer Insuffizienz (MTT > 6 s oder rCBF-Verhältnis ≤ 0,8) profitierten nicht von der EC-IC-Intervention.

Sorgfältigere Auswahl von Patienten blieb ohne Einfluss auf die Ergebnisse

Damit sei die weitere Anwendung dieses Verfahrens schwierig zu rechtfertigen, schreiben Prof. Dr. ­Seemant ­Chaturvedi und Prof. Dr. J. ­Marc ­Simard von der University of Maryland School of Medicine, Baltimore, in einem begleitenden Kommentar. Die hämodynamischen Eigenschaften des Gehirns seien offen­bar noch nicht ausreichend verstanden. In der medikamentösen Therapie dagegen gebe es immerhin Erfolge zu verzeichnen.

Quellen:

1.    Ma Y et al. JAMA 2023; 330: 704-714; DOI: 10.1001/jama.2023.13390

2.    Chaturvedi S, Simard JM. JAMA 2023; 330: 697-698; DOI: 10.1001/jama.2023.11166