Idiopathische Adoleszentenskoliose Um die Orthese kommt keiner rum
Ob ein Nachtkorsett zur Therapie ausreicht, ist laut Dr. Anastasios Charalampidis vom Karolinska-Institut in Stockholm und Kollegen bislang nicht ausreichend geprüft worden. Deshalb startete die Gruppe eine randomisierten Studie mit 135 Patienten mit bis dato unbehandelter idiopathischer Adoleszentenskoliose. Einschlusskriterien waren ein radiologisch nachgewiesener Cobb-Winkel von 25–40° und ein noch unreifes Knochenalter. Außerdem sollte die Wachstumsphase der Studienteilnehmer geschätzt noch mindestens ein Jahr andauern.
Die im Mittel knapp 13 Jahre alten Patienten wurden in drei Gruppen randomisiert: Je 45 erhielten ein Nachtkorsett oder absolvierten täglich spezielle Übungen, ebensoviele bildeten die Kontrollgruppe. Alle Teilnehmer wurden angehalten, zusätzlich jeden Tag mindestens 60 Minuten körperlich aktiv zu sein. Halbjährlich erfolgten Follow-up-Untersuchungen. Als Therapieerfolg galt eine Zunahme des Krümmungswinkels um 6° oder weniger in zwei aufeinander folgenden Röntgenuntersuchungen, als Misserfolg ein um mehr als 6° vergrößerter Wert.
Nach durchschnittlich knapp zwei Jahren ließ sich bei 34 Patienten (76 %) in der Nachtorthesengruppe ein Erfolg verzeichnen. In der Kontrollgruppe waren es nach rund 16 Monaten 24 (53 %). Mit einer Erfolgsquote von 58 % ähnelten die Ergebnisse der Gruppe mit skoliosespezifischen Übungen denen der Kontrollen. Im Verlauf waren 13 Patienten ausgeschieden, darunter drei aus der Korsettgruppe. Innerhalb von weiteren zwei Jahren mussten je neun Patienten aus jeder Gruppe wegen der Wirbelsäulendeformität operiert werden.
Bei Therapieversagen konnten alle Jugendlichen auf eine ständig zu tragende Orthese umsteigen. Dies hatten sechs aus der Korsettgruppe getan, elf aus der Übungs- und vierzehn aus der Kontrollgruppe. Insgesamt, so die Autoren, ist für Jugendliche mit Skoliose, die sich gegen ein Dauerkorsett entscheiden, eine nur nachts zu tragende Orthese womöglich eine effektive Alternative.
Quelle: Charalampidis A et al. JAMA Netw Open 2024; 7: e2352492; DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2023.52492