Primäre ziliäre Dyskinesie Verdächtigen Signalen konsequent nachgehen
Unter den Begriff primäre ziliäre Dyskinesie (PCD) subsumiert man eine ganze Gruppe angeborener Erkrankungen. Allen gemeinsam ist eine Fehlfunktion der beweglichen Zilien. Dies führt u.a. dazu, dass in den oberen und unteren Atemwegen, Schleim und Pathogene nicht ausreichend abtransportiert werden können. Es kommt zu häufigen Infektionen, die mit der Zeit chronifizieren und vor allem in der Lunge zu bleibenden Schäden führen. Bei etwa der Hälfte der Betroffenen liegt zusätzlich ein Situs inversus vor. Darüber hinaus ist eine verminderte Fertilität bzw. Infertilität typisch. Selten werden Hydrocephalus, Retinitis pigmentosa und angeborene Herzfehler beobachtet.
Drei Typen von Zilien
Mehr als 50 Gene mit der PCD assoziiert
Man schätzt, dass eines von 22.000–40.000 Neugeborenen eine PCD aufweist, bei Kindern mit rezidivierenden Atemwegsinfekten könnte die Prävalenz sogar bei 5 % liegen, schreiben Dr. Katherine Dunsky von der Washington University School of Medicine in St. Louis und Kollegen. Bis heute wurden über 50 Gene mit der PCD assoziiert, bei den meisten Patienten lässt sich ein autosomal-rezessiver Erbgang nachweisen. Etwa 60 % der Neugeborenen mit PCD fallen durch respiratorischen Disstress auf, der eine Sauerstoffgabe oder sogar eine mechanische Beatmung notwendig machen kann. In der Bildgebung zeigen sich häufig Atelektasen. In den ersten Lebensmonaten entwickelt sich bei den meisten PCD-Kindern ein chronischer Husten, immer wieder kommt es zu teilweise schweren Atemwegsinfektionen einschließlich Otitis media. Aus der chronisch verstopften Nase entleert sich ständig wässriges Sekret, was nicht selten einer Allergie zugeschrieben wird. Nasenpolypen werden zumeist erst bei erwachsenen Patienten beobachtet, auch die chronische Rhinosinusitis ist eher im Erwachsenenalter typisch. Dr. Dunsky und ihre Kollegen nennen vier klinische Kriterien, die prädiktiv für das Vorliegen einer primären ziliären Dyskinesie sein sollen:- respiratorischer Disstress bei reifen Neugeborenen
- Situs inversus bei Geburt
- täglicher produktiver Husten mit Beginn in den ersten sechs Lebensmonaten
- nicht-saisonale Rhinitis mit Beginn in den ersten sechs Lebensmonaten
Unbedingt die Hörfähigkeit im Auge behalten
Die überwiegende Mehrzahl der Patienten wird im Verlauf und zum Teil mehrfach eine Myringotomie und/oder ein Paukenröhrchen benötigen. Im Hinblick auf die Sprachentwicklung ist es wichtig, die Hörfähigkeit im Auge zu behalten. Bei vielen Patienten werden weitere HNO-Operationen wie Adenektomien und nasale Polypektomien durchgeführt. Um die sinonasale Inflammation zu reduzieren sind topische Steroide indiziert.Quelle: Dunsky K et al. JAMA Otolaryngol Head Neck Surg 2021; DOI: 10.1001/jamaoto.2021.0934