Vier Interventionen für COPD-Patienten unter der Experten-Lupe

Autor: Manuela Arand

Laut einer Studie steigert Tai Chi die Lebensqualität bei COPD mindestens so effektiv wie die pneumologische Rehabilitation. Laut einer Studie steigert Tai Chi die Lebensqualität bei COPD mindestens so effektiv wie die pneumologische Rehabilitation. © iStock.com/kali9

Patienten mit schwerer COPD das Leben verlängern, ihnen Exazerbationen und Krankenhausaufenthalte ersparen und die Lebensqualität erhöhen. Mittels Reha kann das tatsächlich gelingen. Es kommt allerdings sehr auf das richtige Programm an.

COMET ist eine von vier Studien, die Professor Dr. Martijn Spruit von der Universität Maastricht als Reha-Highlights des zurückliegenden Jahres ausgewählt hat. Und sie ist sicher die mit den spektakulärsten Ergebnissen.1 Teilnehmer waren 319 Patienten mit einer FEV1 unter 50 % vom Soll, mit Sauerstofftherapie oder nicht-invasiver Beatmung und diversen Komorbiditäten.

Sie erhielten randomisiert entweder die übliche Therapie oder eine intensive Betreuung­. Zu dieser gehörten neben vier Trainingseinheiten zum Selbstmanagement regelmäßige telefonische Kontakte und die telemedizinische Überwachung von Symptomen, Lungenfunktion und Sauerstoffbedarf. Das sollte sicherstellen, dass eine relevante klinische Verschlechterung früh erkannt wurde und der Case-Manager bzw. Arzt eingreifen konnte.

Die Intervention hat sich gelohnt: Zwar wurde der primäre Endpunkt, ein Rückgang der ungeplanten Krankenhaustage, nicht erreicht. Aber die Patienten in der Interventionsgruppe wiesen – gemessen mit dem BODE-Index – viel weniger Symptome auf. Vor allem fiel die Sterberate dramatisch geringer aus: In der Interventionsgruppe starben binnen eines Jahres drei Patienten, in der Kontrollgruppe 23. Das legt nahe, dass die Intervention das Sterberisiko drastisch senken kann – ein Beweis ist es nicht.

Möglicherweise waren die Patienten in COMET zu schwer krank, als dass sich an der Hospitalisierungsrate wirklich etwas ändern ließe, spekulierte der Kollege. Zumal etwa die Hälfte der Krankenhauseinweisungen nicht auf die COPD zurückzuführen waren. Trotzdem dürfte es sich lohnen, den intensivierten Betreuungsansatz weiterzuverfolgen.

Stadtspaziergänge auf vorgegebenen Routen

Wie es gelingen kann, COPD-Patienten in Bewegung zu bringen, war Thema einer zweiten Studie.2 Ausgehend von der Überlegung, dass soziale und Umwelteinflussfaktoren wie Mitbewohner, Hunde oder Enkelkinder die körperliche Aktivität von COPD-Patienten deutlich steigern, haben spanische Kollegen das Programm Urban Training™ entwickelt. Es kombiniert intensive Beratungsgespräche mit Stadtspaziergängen auf vorgegebenen, speziell für COPD-Patienten gestalteten Routen mit geringer, moderater oder hoher Bewegungsintensität.

Ein Jahr lang erhielten 202 COPD-Kranke Urban Training. Sie erreichten damit fast 1000 Schritte pro Tag mehr als die 205-köpfige Kontrollgruppe (Per-protocol-Analyse). In der Intention-to-treat-Analyse schrumpfte der Unterschied allerdings auf nicht-signifikante 119 Schritte pro Tag, wohl auch, weil in beiden Gruppen viele Teilnehmer vorzeitig ausschieden. Auch der spanische Ansatz ist vielversprechend mit Luft nach oben, urteilte Prof. Spruit.

Tai Chi steigert die Lebensqualität bei COPD mindestens so effektiv wie pneumologische Rehabilitation, so das Fazit der dritten Studie mit 120 Bronchodilatator-naiven Patienten und zwölf Wochen Laufzeit.3 Tai Chi wurde dabei in fünf Sitzungen pro Woche trainiert, die konventionelle Reha bestand aus wöchentlich drei Sitzungen. Zusätzlich erhielten alle Patienten das LABA Indacaterol. Prof. Spruit fand die Studie aber nicht ganz hasenrein. Denn zum einen standen 60 Tai-Chi-Stunden gegen 36 Rehasitzungen. Zum anderen sind therapienaive COPD-Patienten nicht unbedingt die Klientel, für die man eine Reha in Betracht ziehen würde: „Nur Patienten, die trotz optimaler medikamentöser Therapie symptomatisch bleiben, kommen für die Reha infrage.“

Maßgeschneidertes Programm nur im spezialisierten Zentrum

Die letzte Studie ließ konventionelle Reha gegen ein Heimprogramm namens „SPACE for COPD“ antreten, das die Probanden mithilfe eines Manuals alleine ohne professionelle Supervision ausführten.4 Es bestand im Wesentlichen aus täglichen Spaziergängen und Widerstandstraining mithilfe von Milchflaschen, berichtete der Kollege. Die Kontrollgruppe absolvierte wöchentlich zwei normale Reha-Sitzungen. Nach sieben Wochen hatten beide Gruppen weniger Dyspnoe (primärer Endpunkt). Auch diese Studie hat ihre Limitationen, meinte Prof. Spruit: „Reha ist so viel mehr als körperliches Training und ein Handbuch.“ COPD-Patienten litten meist an multiplen und komplexen Problemen, die ein strukturiertes, maßgeschneidertes Programm erforderten, wie es nur ein professionelles Zentrum bieten könne.

Quellen:
1. Kessler R et al. ERJ 2018; pii: 1701612
2. Arbillaga-Etxarri A et al. ERJ 2018; DOI: 10.1183/13993003.00063-2018
3. Polkey MI et al. Chest 2018; 153: 1116-1124
4. Horton EJ et al. Thorax 2018; 73: 29-36