Das (Un-)Glück der Tüchtigen Was Ärztinnen und Ärzte froh macht und gesund hält

Autor: Dr. Anja Braunwarth

Gute Ausbildung, hohes Ansehen, keine schlechte Bezahlung: Man sollte meinen, dass Ärztinnen und Ärzte mit ihrem­ Beruf glücklich sind. Gute Ausbildung, hohes Ansehen, keine schlechte Bezahlung: Man sollte meinen, dass Ärztinnen und Ärzte mit ihrem­ Beruf glücklich sind. © DimaBerlin - stock.adobe.com

Gute Ausbildung, hohes Ansehen, keine schlechte Bezahlung: Man sollte meinen, dass Ärztinnen und Ärzte froh und glücklich sind. Doch so rosig sieht die Wirklichkeit nicht aus.

Die Mortalitätsraten von Ärztinnen und Ärzten liegen in vielen Studien im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung niedriger. Was aber immer wieder auffällt, sind deutlich erhöhte Raten an Suiziden. „Die psychische Gesundheit ist unsere Achillesferse“, sagte Dr. Badder Kattih vom Universitären Herz- und Gefäßzentrum der Universitätsmedizin Frankfurt. In einem Medscape Report von 2019 litt fast die Hälfte der befragten Medizinerinnen und Mediziner unter einem Burnout, Depressionen oder sogar beidem. 

Doch warum macht der Arztberuf so krank? Zum Beispiel durch die Arbeitszeiten. Laut dem Marburger Bund Monitor von 2022 arbeiteten 57 % der 8.464 teilnehmenden Mitglieder mehr als 49 Stunden pro Woche und durchschnittlich fielen 6,2 Überstunden pro Woche an. Dazu kommt: Einen nicht unbeträchtlichen Teil der Arbeitszeit nimmt die Bürokratie ein: 57 % verbrachten damit mindestens drei Stunden täglich. Und nicht zuletzt mangelt es an Mitstreitenden: 20 % nannten die personelle Besetzung „schlecht“, 46 % „eher schlecht“.

Ein Viertel zieht einen Berufswechsel in Betracht

Kein Wunder, dass nur 32 % der Befragten ihre Zufriedenheit im Job als sehr gut oder gut bezeichneten. 25 % dachten über einen Berufswechsel nach, 18 % waren sich diesbezüglich nicht sicher. In einer Befragung zum Lebensstil zeigte sich, dass 70 % der teilnehmenden Medizinerinnen und Mediziner versuchten abzunehmen bzw. ihr Gewicht zu halten, Zwei Drittel trieben höchstens zwei- bis dreimal pro Woche Sport. Dabei dürfte allen klar sein, dass sich Bewegung günstig auf die Lebenserwartung auswirkt. „Mein Arbeitsplatz im 10. Stock ist da hilfreich“, meinte Dr. Kattih und riet, öfter die Treppe zu nehmen. Mit jeder Stufe verbraucht man immerhin rund 0,2 kcal. 

Lediglich in Sachen Alkohol gab es positive Nachrichten: Es ließ sich kein übermäßig bedenklicher Konsum ermitteln. Zum Thema Sport hat sich auch herausgestellt, dass Ärzte beim Laufen langsamer sind als der Durchschnitt, Ärztinnen liegen dagegen gleichauf.

Nachtschichten wirken sich lange negativ aufs Herz aus

Eine Studie zu Nachtschichten ergab, dass sie das Risiko für Vorhofflimmern und KHK erhöht, auch wenn sie länger zurückliegen. Als hilfreich, um sich vom Schichtdienst zu erholen und generell gesundheitsfördernd hat sich Kaffee erwiesen, „er wirkt besser als ein Nickerchen“, sagte Dr. Kattih. Günstige Effekte auf die Gesundheit bestehen aber nur bei Menschen, die ihn ausschließlich morgens genießen – egal, wieviel. Wer über den ganzen Tag seine Tassen trinkt, profitiert nicht davon. 

Glücksgefühle erlebt die Mehrzahl der Kolleginnen und Kollegen außerhalb ihres Arbeitsplatzes. Und die Glücklichsten kommen einer Untersuchung zufolge aus den Fachrichtungen Diabetologie und Endokrinologie. Bleibt die Frage, was sie so glücklich macht, ist es zum Beispiel ein dickes Auto? Offenbar nicht, denn was fährt die Mehrzahl der endokrinologisch Tätigen: einen Honda.

Quelle: Rhein-Main Herztage 2025