Was steckt hinter Nekrosen und Schmerzen an der Hand eines jungen Patienten?
Anfang Dezember 2020 entwickelte ein zu diesem Zeitpunkt 30-jähriger Mann (Nichtraucher) akut Schmerzen im Zeige- und Mittelfinger der linken Hand, hauptsächlich im Bereich der Mittelphalanx. Die Beschwerden waren verbunden mit spindelartigen Schwellungen und blassen bzw. lividen Verfärbungen. Im weiteren Verlauf kam es zu einer Nekrose an der Dorsalseite des Mittelgliedes des Zeigefingers. Eine Beugung im PIP-Gelenk war nicht bzw. nur sehr eingeschränkt möglich.
Bei dem Patienten waren bereits mehrfach Raynaud-Attacken aufgetreten. Der Großvater väterlicherseits hatte eine rheumatoide Arthritis und ebenfalls eine Raynaud-Symptomatik. Auch die Mutter leidet unter milden Raynaud-Beschwerden.
Nachdem zunächst eine Attacke des bekannten M. Raynaud angenommen worden war, konsultierte der Patient nach Auftreten der Nekrose einen Orthopäden, einen Angiologen und zuletzt einen Rheumatologen. Im Röntgen sowie im Ultraschall und der Angio-MRT war eine suffiziente – sogar eher verstärkte – Durchblutung nachzuweisen, keine Knochenveränderungen. Im Labor zeigten sich keine allgemeinen Entzündungszeichen, jedoch ein extrem niedriger Vitamin-D-Spiegel und eine gravierende Störung des Eisenstoffwechsels. Letztere konnte durch Labor und genetische Tests auf eine hereditäre Hämochromatose zurückgeführt werden. Eine Panarteriitis nodosa wurde ausgeschlossen, eine ANCA-assoziierte Vaskulitis ebenfalls. Es ergaben sich keine Hinweise auf eine Kollagenose oder eine (systemische) Vaskulitis. Kardiologisch war der Patient unauffällig, Zeichen, die auf eine Ursache der Nekrose am Finger hindeuten könnten (z.B. Embolie), fand man nicht.
Im weiteren Verlauf besserten sich die Beschwerden bis in den Februar hinein nicht eindeutig. Auch der kleine Finger war in milderer Form betroffen. Die Gebrauchsfähigkeit der Hand war stark eingeschränkt. NSAR waren kurzfristig ohne Effekt. Die Nekrose blieb trocken. Ab März unter einem Behandlungsversuch mit Prednisolon und Diclofenac dann doch zögerliche Rückbildung der Schwellung und der Schmerzen. Nach langsamer Abheilung der Nekrose wurde mit Physiotherapie kombiniert und jetzt ein weitgehender Normalzustand erreicht.
Mir stellen sich folgende Fragen:
- Handelt es sich um eine Zufallskombination von Hämochromatose und Raynaud mit Nekrose oder liegt ein anderes, eigenständiges Krankheitsbild vor?
- Gibt es außer der mittlerweile etablierten Aderlassbehandlung andere Therapieoptionen?
Dr. Gerhard Grumptmann
Internist, Brühl