Welche Maßnahmen sind bei Mastitis oder Brustabszessen wirklich sinnvoll?
Eine Mastitis bei jungen Müttern ist in den allermeisten Fällen Folge eines Milchstaus – und praktisch nie eine bakterielle Geschichte. Daher bedarf es selten einer Antibiose, schreibt Professor Dr. Jutta Peters, Mitglied der Delegiertenversammlung der Landesärztekammer Hessen. Die Radiologin, die seit Jahrzehnten in der Mammadiagnostik arbeitet, hat sich nun die Empfehlungen der gynäkologischen Kollegen im wahrsten Sinne des Wortes zur Brust genommen. Denn noch immer werden unangenehme und ineffektive Methoden zur Therapie der Mastitis puerperalis oder eines daraus entstandenen Abszesses eingesetzt, wie sie findet.
Dabei wäre die wichtigste Maßnahme, die Brust zu entleeren – am besten durch Stillen. Legt die Patientin ihr Baby im Zweistundenrhythmus an, verschwindet das Fieber nach 24 Stunden und die lokale Rötung klingt ab. Danach sollte die Mutter langsam wieder auf das Stillen nach Bedarf umstellen, bis sich nach 3–5 Tagen die lokale Verhärtung in der Brust aufgelöst hat.
Massieren wirkt kontraproduktiv
Vom Massieren der betroffenen Stelle hält Prof. Peters wenig. Es tut weh, reduziert den Milchspendereflex und ist damit kontraproduktiv. Aufs Abpumpen sollte frau ebenfalls möglichst verzichten, es beeinträchtigt genauso den Milchspendereflex. Wenn das Stillen die Brust nicht ausreichend entlastet, rät die Ärztin deshalb zur manuellen Entleerung. Die funktioniert einfacher und schneller als mit einer Milchpumpe, sodass auch berufstätige Mütter sie zwischendurch anwenden können: Brustwarze am Ansatz leicht zwischen Daumen und Zeigefinger zusammendrücken und sanft an ihr ziehen. Das imitiert die Saugbewegungen des Babys. Leider vermitteln Hebammen und Ärzte Frauen dieses Vorgehen viel zu selten, beklagt die Autorin.
Weite Verbreitung – sogar in den Leitlinien – findet der Ratschlag, Quark und Kohlblätter zum Kühlen aufzulegen. Und das, obwohl Kälte das Freisetzen der Milch erschwert und die Anwendung umständlich und „entwürdigend für die Frauen“ ist, kritisiert Prof. Peters.
Entwickelt sich aus einer Mastitis ein Abszess, was in 5–11 % der Fälle passiert, kann man ebenfalls Abstillen und Medikamente getrost vergessen. Auch den Abszess unter Vollnarkose zu öffnen, ist häufig unnötig. Alternativ steht mit der ultraschallgesteuerten Punktion ein minimalinvasives und ambulantes Verfahren zur Verfügung, um die Abszesshöhle zu leeren, betont Prof. Peters. In ihrer Laufbahn als Ärztin hat sie auf diese Weise 1322 Patientinnen behandelt. Bei 95 % führte schon eine einzige Punktion zum Erfolg, bei den übrigen eine zweite. Auf Analgetika konnten die Frauen größtenteils verzichten, da die vollständige Entleerung der Abszesshöhle die Schmerzen im Normalfall komplett beseitigt. Die Radiologin bedauert, dass trotz aller Vorteile die Methode kaum bekannt sei.
Quelle: Peters J. Hessisches Ärzteblatt 2020; 1: 20-22