Kein längeres Leben mit Vitaminpillen Wer viele Supplementpräparate schluckt, tut sich nicht unbedingt etwas Gutes

Autor: Sabine Debertshäuser

Mikronährstoffe sollten bevorzugt über abwechslungsreich zusammengestellte Lebensmittel statt aus Supplementen bezogen werden. Mikronährstoffe sollten bevorzugt über abwechslungsreich zusammengestellte Lebensmittel statt aus Supplementen bezogen werden. © winston – stock.adobe.com

Ein Wissenschaftlerteam hat die Daten von fast 400.000 Menschen daraufhin analysiert, ob die Einnahme von Vitaminpräparaten zu Gesundheit und längerem Leben verhilft. Das Ergebnis ist ernüchternd.

Um Krankheiten vorzubeugen und um länger zu leben, schluckt einer von drei Erwachsenen in den USA regelmäßig Multivitaminpräparate. Ein Forscherteam hat geprüft, ob das tatsächlich mit einem Mortalitätsvorteil verbunden ist.

Analysiert wurden Daten von drei prospektiven Kohortenstudien aus den USA mit zusammen mehr als 390.000 Erwachsenen im mittleren Alter von gut 61 Jahren. Keiner der Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatte relevante chronische Erkrankungen oder Krebs in der Vorgeschichte. Diejenigen, die regelmäßig Vitamine schluckten, waren häufiger weiblich, hatten einen Hochschulabschluss, einen niedrigeren BMI und ernährten sich gesünder, schreibt die Autorengruppe um Dr. Erikka Loftfield von den National Institutes of Health in Rockville.

Supplementation war mit höherer Mortalität assoziiert

Während des Nachbeobachtungszeitraums von bis zu 27 Jahren starben knapp 165.000 Personen. Weit mehr als die Hälfte der Todesfälle ging auf kardiale und zerebrovaskuläre Erkrankungen sowie Krebs zurück. In der gepoolten Analyse war die tägliche Multivitamineinnahme mit einem um 4 % höheren Mortalitätsrisiko assoziiert (Hazard Ratio 1,04). Auf die kardiale, zerebrovaskuläre und krebsbedingte Sterblichkeit wirkte sich die Einnahme jedoch kaum aus. Die Autorinnen und Autoren kommen zu dem Schluss, dass die Multivitaminpräparate nicht zu einem längeren Leben verhelfen.

In einem Kommentar weisen Dr. Neal Barnard von der George Washington University und zwei Kolleginnen auf die Vorteile hin, die eine gezielte Nahrungsergänzung abseits von lebensverlängernden Effekten bieten kann. So verzögere etwa die Supplementation von Beta-Carotin und Zink sowie der Vitamine C und E die altersbedingte Makuladegeneration, Folsäure in der Schwangerschaft könne Neuralrohrdefekten beim Kind vorbeugen. Die drei plädieren jedoch dafür, Mikronährstoffe bevorzugt über abwechslungsreich zusammengestellte Lebensmittel statt aus Supplementen zu beziehen.

Quellen:
1. Loftfield E et al. JAMA Netw Open 2024; 7: e2418729; DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2024.18729
2. Barnard ND et al. JAMA Netw Open 2024; 7: e2418965; DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2024.18965