Post-COVID in jungen Jahren Wie man Kinder und Jugendliche mit persistierenden Symptomen behandelt

Autor: Dr. Andrea Wülker

Kinder mit Fatigue sind nicht mehr in der Lage, dem Schulunterricht adäquat zu folgen. (Agenturfoto) Kinder mit Fatigue sind nicht mehr in der Lage, dem Schulunterricht adäquat zu folgen. (Agenturfoto) © pegbes – stock.adobe.com/tumskaia – stock.adobe.com

Kinder und Jugendliche bleiben von wochen- oder monatelangen Beschwerden nach einer SARS-CoV-2-Infektion nicht verschont. Vor allem bei Jüngeren sind die Symptome äußerst vielfältig.

Auch nach einer milden oder sogar asymptomatischen Infektion mit SARS-CoV-2 können Heranwachsende ein Long- bzw. Post-COVID-Syndrom entwickeln. In diesem Punkt unterscheiden sich Kinder und Jugendliche nicht von Erwachsenen, so PD Dr. ­Nicole ­Töpfner vom Klinikum der TU Dresden und Prof. Dr. ­Folke ­Brinkmann, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Lübeck. Allerdings können die Symptome gerade bei Kindern noch schwerer zu erkennen sein.

Erst seit Februar 2023 gibt es eine Falldefinition der WHO für das Post-COVID-Syndrom (PCS) auch bei Kindern und Jugendlichen (siehe Kasten). Seine Prävalenz liegt je nach Studie zwischen 1 % und über 40 %. Laut den beiden Autorinnen spricht jedoch vieles für einen Wert unter 1 %. Teenager trifft das PCS häufiger als jüngere Kinder, Mädchen eher als Jungen. SARS-CoV-2-Impfungen scheinen das Risiko um etwa 10–20 % zu reduzieren. Was genau ein PCS auslöst, ist derzeit nicht bekannt.

Das spricht für Post-COVID

Zur WHO-Definition des PCS zählen unter anderem folgende Aspekte:

  • persistierende oder innerhalb von drei Monaten nach (symptomatischer oder asymptomatischer) Infektion mit SARS-CoV-2 neu auftretende, typische Symptome, die zu Einschränkungen der Alltagsfunktion führen.
  • fluktuierende oder wiederkehrende Beschwerden, die die Lebensqualität beeinträchtigen

Im Rahmen eines PCS können vielfältige, auch unspezifische Beschwerden auftreten. Während die Symptome bei Jugendlichen eher denen von Erwachsenen ähneln, sind sie bei jüngeren Patienten offenbar noch indidvidueller ausgeprägt. Am häufigsten klagen betroffene Heranwachsende über Stimmungsschwankungen. Auf Platz zwei folgt eine starke Erschöpfung, die bis zu einem manifesten chronischen Fatigue-Syndrom (CFS) reichen und die Teilhabe am Sozial- und Schul­leben empfindlich beeinträchtigen kann. In diesem Fall sollte man herausfinden, ob eine Belastungsintoleranz (postexertionelle Malaise, PEM) vorliegt, etwa indem man nachfragt, ob sich die Patienten auch noch am Tag nach einer Anstrengung erschöpft fühlen. Weitere häufige Symptome des Post-COVID-Syndroms  sind:

  • kognitive sowie Schlafstörungen, Schwindel, Kopfschmerzen
  • Orthostaseintoleranz, respiratorische Beschwerden, Herzfrequenzschwankungen, thorakales Engegefühl, Husten
  • Appetitlosigkeit, veränderte Geruchs- und Geschmackswahrnehmung, Otalgie, Konjunktivitis, trockene Augen, Sehstörungen

Etwas seltener treten persistierende gastrointestinale Beschwerden wie Bauchschmerzen, Erbrechen, Diarrhö und Obstipation, dermatologische Symptome (z.B. Hyperhidrose, Juckreiz, Haarverlust), Muskel- und Gelenkschmerzen sowie Gewichtsschwankungen auf. Es ist von Vorteil, wenn für die Diagnosestellung ein interdisziplinäres Team aus Pädiatern und Psych­iatern bzw. Psychotherapeuten zusammenarbeitet. Für Patienten mit hochgradigem PCS-Verdacht sollte die weitergehende diagnostische Abklärung möglichst mit einem darauf spezialisierten Zentrum abgestimmt werden.

Somatische Therapien plus Bewältigungsstrategien

Die Behandlung des Post-COVID-Syndroms erfolgt individuell. Kinder mit ausgeprägten Beschwerden oder vielfältigen Symptomen benötigen neben der somatischen auch eine psychologische Begleitung, was im multidisziplinären Team gelingen kann. Die Therapie richtet sich nach den jeweils vorherrschenden Symptomen. So helfen z.B. bei Fatigue Strategien wie Pacing und Coping, Einfluss auf den eigenen Körper und die Beschwerden zu nehmen und die Belastbarkeit zu verbessern. Konzentrationsstörungen können mit gezieltem Kognitionstraining gebessert werden. Bei bronchialer Hyperreagibilität sind inhalative Kortikosteroide indiziert, bei Kreislaufregulationsstörungen ein angepasstes Kreislauftraining sowie ausreichende Flüssigkeitszufuhr.

Letztlich bleibt das PCS bei Kindern und Jugendlichen eine Ausschlussdiagnose, schreiben die Kolleginnen. Differenzialdiagnostisch sollten auch psychosomatische und psychiatrische Störungen in Betracht gezogen werden.

Quelle: Töpfner N, Brinkmann F. Monatsschr Kinderheilk 2023; 171: 601-607; DOI: 10.1007/s00112-023-01762-y