Stadtbäume tun der Gesundheit gut Wie sich Ballungsgebiete an die Klimakrise anpassen sollten

ERS 2024 Autor: Friederike Klein

Berechnungen aus den USA zufolge ist die Begrünung im Gegensatz zu technologischen Möglichkeiten eine kosteneffektive Methode, um der Luftverschmutzung zu begegnen. Berechnungen aus den USA zufolge ist die Begrünung im Gegensatz zu technologischen Möglichkeiten eine kosteneffektive Methode, um der Luftverschmutzung zu begegnen. © petovarga – stock.adobe.com

Grünflächen in Städten sind viel mehr als nur schmückendes Beiwerk. Pflanzen und Bäume im urbanen Raum schaffen Lebensqualität, reduzieren Schadstoffe und regulieren das Mikroklima.

Durch die Bildung von innerstädtischen Hitzeinseln starben im Sommer 2015 Schätzungen zufolge europaweit 6.700 Menschen.1 Verhindern lässt sich das, indem man viel Grün in die Städte bringt, berichtete Prof. Dr. Alessandro Marcon, Epidemiologe und Medizinstatistiker von der Universität Verona. Mithilfe von Grünanlagen und Bäumen lässt sich die Zahl der Hitzeinseln deutlich reduzieren. Denn die Pflanzen geben Schatten, erzeugen Verdunstungskälte und fördern den Wärmeaustausch.

Wenn 30 % einer urbanen Region mit Bäumen bepflanzt sind, reduziert das die Zahl der Todesfälle, die auf derartige Hotspots zurückzuführen sind, um 40 %.1 Pflanzungen können zudem rasch etwas bewirken. In Medellín führte die Gestaltung von 30 grünen Korridoren entlang der Straßen und Wasserwege bei gleichzeitiger Begrünung von Fassaden in nur drei Jahren zu einer Temperaturabnahme von im Mittel 2 ˚C, berichtete Prof. Marcon.2 Es wird erwartet, dass die Durchschnittstemperatur in der kolumbianischen Großstadt durch die fortgesetzten Maßnahmen in den nächsten Jahren um weitere 4 bis 5 ˚C fallen wird – trotz des absehbaren Temperaturanstiegs aufgrund des Klimawandels.2

Bäume reduzieren zudem die Belastung der Luft mit Pathogenen und sind ein gutes Mittel gegen Luftverschmutzung. Denn Feinstaub lagert sich auf den Blättern ab. Stickoxide und Schwefeldioxid werden durch die Stomata der Blätter aufgenommen und dann verstoffwechselt.

Kosteneffektive Methode zur Luftreinhaltung

Schwefeldioxid kann laut Prof. Marcon zu 30 % durch die Vegetation eliminiert werden, Stickstoffdioxid zu 14 %. Allerdings sind Bäume bei hoher Stickoxidbelastung mitverantwortlich für die Bildung von Ozon. Daher ist es wichtig, die Stickoxidemissionen zu verringern.

Berechnungen aus den USA zufolge ist die Begrünung im Gegensatz zu technologischen Möglichkeiten eine kosteneffektive Methode, um der Luftverschmutzung zu begegnen.3 Ersetzen können Bäume die technischen Maßnahmen aber nicht, wie das Beispiel Stickoxide zeigt.

Bei der Pflanzenauswahl muss man allerdings die künftigen klimatischen Veränderungen bedenken, denn nicht alle Bäume sind gleich gut für höhere Temperaturen und ein städtisches Umfeld geeignet. Die Bepflanzung sollte nach Möglichkeit verschiedene Baumarten umfassen, empfahl Prof. Marcon.

Neben allen positiven Effekten könnte eines aber zum Problem werden: die Pollen der Bäume. Im Zuge des Klimawandels beobachtet man schon heute eine deutliche Zunahme sowohl der Menge als auch des Allergengehalts der Baumpollen. Prof. Marcon hofft auf verbesserte Pollenvorhersagen, die in Echtzeit personalisierte Warnungen über Apps auf das Smartphone schicken. Entsprechende Forschungsprojekte laufen bereits. 

Quelle:
1. Iungman T et al. Lancet 2023; 401: 577-589; doi: 10.1016/S0140-6736(22)02585-5
2. reasonstobecheerful.world/green-corridors-medellin-colombia-urban-heat/
3. Gopalakrishnan V et al. Environ Sci Technol 2019; 53: 13228-13237; doi: 10.1021/acs.est.9b01445