Ihre Lunge, seine Lunge Wie sich das Geschlecht auf Pneumothorax und Karzinome auswirkt

Autor: Dr. Angelika Bischoff

 Das mit dem Rauchen assoziierte Lungenkrebsrisiko von Frauen steigt stärker als das der Männer. Das mit dem Rauchen assoziierte Lungenkrebsrisiko von Frauen steigt stärker als das der Männer. © Creative Cat Studio - stock.adobe.com

Nicht nur Inzidenzen, Risikofaktoren und Verlauf von obstruktiven Atemwegserkrankungen unterscheiden sich je nach Geschlecht. Auch bei chirurgisch relevanten Leiden wie Pneumothorax und Lungenkarzinom spielt es eine Rolle, ob man oder Frau erkrankt.

Ein Pneumothorax betrifft Männer etwa dreimal so häufig wie Frauen. Die Inzidenzen zeigen einen ersten Gipfel zwischen dem 20. und dem 25. Lebensjahr, bei Frauen zehn Jahre später. Während junge Männer meist einen idiopathischen Pneumothorax erleiden, spielen bei den jüngeren Frauen auch katameniale oder endometriosebedingte Formen eine wichtige Rolle. Ein zweites Maximum erreichen die Krankheitsfälle bei beiden Geschlechtern im Alter von ca. 55 Jahren. Dann handelt es sich meist um einen sekundären Pneumothorax auf dem Boden einer chronischen Lungenerkrankung.
Geschlechtsabhängige Unterschiede zeigt auch der Verlauf eines spontanen Pneumothorax. Frauen zwischen 30 und 49 Jahren müssen signifikant häufiger operiert bzw. erneut hospitalisiert werden als gleichaltrige Männer. Zwischen 50 und 64 Jahren verhält es sich umgekehrt, berichtet ein Autorenteam um Dr. ­Laura ­Klotz von der Thoraxklinik am Universitätsklinikum Heidelberg.

Menstruationszyklus bei der Anamnese berücksichtigen

Bei Frauen mit OP-Indikation macht der katameniale Pneumothorax einen Anteil von bis zu 50 % aus. Patientinnen sollten deshalb im Rahmen der Anamnese immer nach einem zeitlichen Bezug zum Menstruationszyklus gefragt werden. Gynäkologische Untersuchungen und ggf. eine MRT können klären, ob die Möglichkeit einer Endometriose besteht. Stößt man während der OP auf Zwerchfelldefekte und thorakale Endometrioseherde, gilt der Verdacht eines katamenialen Pneumothorax als bestätigt. Durch die alleinige Operation lässt sich das Rezidivrisiko auf 30 % senken. Noch mehr bringt die zusätzliche Gabe von GnRH-Analoga – allerdings um den Preis einer Amenorrhö.

Wann eine Pneumothorax-OP in Betracht kommt

Ein hohes Rezidivrisiko von über 80 % besteht, wenn ein primärer Pneumothorax sehr groß ist, wenn es sich bereits um ein Rezidiv handelt oder wenn das Lungenparenchym radiologisch verändert ist. Liegen diese Faktoren vor, sollte die Indikation für eine videoassistierte, thorakoskopische subtotale parietale Pleurektomie gestellt werden, um das Rezidivrisiko zu senken. Ein Fistelverschluss durch Lungenkeilresektion oder Lungenparenchymnaht, eventuell ergänzt durch eine Talkumpleurodese, gehört zu den operativen Verfahren der Wahl beim sekundären Pneumothorax.

Was die Inzidenzen von Lungenkrebs angeht, hat das weibliche Geschlecht mit dem männlichen inzwischen gleichgezogen. Das mit dem Rauchen assoziierte Lungenkrebsrisiko von Frauen steigt stärker als das der Männer. Möglicherweise ist die karzinogene Empfindlichkeit gegenüber Nikotin bei Ersteren höher. Östrogen und eine Brustkrebsdiagnose scheinen ebenfalls die Entwicklung von Lungenkarzinomen zu begüns­tigen. Auch eine positive Familienanamnese wiegt für Frauen schwerer.

Wenn sich bereits ein Lungenkarzinom entwickelt hat, ist das weibliche Geschlecht hingegen, unabhängig von Histologie und Raucherstatus, ein positiver Prognosefaktor. Dafür kommt eine ganze Reihe von Gründen infrage: Lungenkarzinome werden bei Frauen früher entdeckt, weil sie bei entsprechenden Symptomen schneller ärztliche Hilfe suchen. Zudem zeigen Frauen in fortgeschrittenen Stadien eine stärkere Adhärenz gegenüber sys­temischen Therapien. Von hoher Relevanz ist auch, dass man bei Frauen doppelt so häufig therapie­relevante Treibermutationen findet. Dadurch kann man besser mit zielgerichteten Substanzen behandeln, die wirksamer und verträglicher sind als die meis­ten Zyto­statika.

Unterschiede im Überleben nach Tumorresektion

Nach der Resektion von lokal begrenzten Tumoren können Frauen Registerstudien zufolge mit einem besseren Fünf-Jahres-Überleben rechnen. Bei Männern kommt es häufiger zu postoperativen Komplikationen, nicht zuletzt aufgrund eines schlechteren kardiopulmonalen Risikoprofils. Auch in Bezug auf das postoperative Langzeitüberleben schneiden Patientinnen besser ab, unabhängig von Alter, Komorbiditäten, Resektionsumfang und Tumorstadium.
Die moderne neoadjuvante Chemo-Immuntherapie konnte die Rate von Komplettremissionen sowie das ereignisfreie und Gesamtüberleben gegenüber alleiniger Chemotherapie signifikant verbessern. Subgruppenanalysen bestätigen erneut einen Vorteil für Frauen hinsichtlich des ereignisfreien Überlebens. Allerdings scheinen sie empfänglicher zu sein für spezifische Nebenwirkungen von Checkpointinhibitoren wie Pneumonitiden und Endokrinopathien.

Quelle: Klotz LV et al. Chirurgie 2024; 95: 730-735; doi: 10.1007/s00104-024-02141-7