Hepatitis C Wie weit sind wir in Deutschland?
Vor rund acht Jahren hat die WHO dazu aufgerufen, Infektionen durch das Hepatitis-C-Virus (HCV) bis 2030 weltweit zu eliminieren. Die konkreten Ziele umfassen dabei eine Reduktion der Inzidenz von HCV-Infektionen um 80 % und eine Reduktion der Todesfälle durch eine chronische HCV-Infektion um 65 %. Darüber hinaus sollen die Diagnoseraten auf mindestens 90 % und die Behandlungsraten auf mindestens 80 % angehoben werden. Doch welche Fortschritte gab es bislang bei der Elimination von HCV-Infektionen auf nationaler und internationaler Ebene? Eine Antwort auf diese Frage liefern Dr. Christiana Graf vom LMU Universitätsklinikum München und Prof. Dr. Christoph Sarrazin vom Klinikum der Goethe-Universität Frankfurt am Main in einer Übersichtsarbeit.
Global sind die Fallzahlen deutlich gesunken
Daraus geht hervor, dass sich die globale HCV-Prävalenz bereits deutlich reduziert hat. So sind die Fälle von HCV-Infektionen von 63,6 Millionen im Jahr 2015 auf 56,8 Millionen im Jahr 2020 zurückgegangen. Einen maßgeblichen Beitrag hierzu leisteten Ägypten, Georgien und Island. Aufholbedarf besteht hingegen bei den Diagnoseraten. Es ist davon auszugehen, dass weltweit bislang weniger als 20 % der Menschen mit chronischer HCV-Infektion identifiziert wurden. Dabei bilden Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen mit einer Diagnoserate von 15 % das Schlusslicht. Darüber hinaus erhalten dort nur 4 % der diagnostizierten Patienten eine Therapie. Mit Ausnahme von Ägypten entfällt deshalb ein Großteil der weltweiten Fälle von chronischen HCV-Infektionen auf Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen.
In Deutschland ist die HCV-Prävalenz mit 0,2–0,4 % im Vergleich zu anderen europäischen Ländern niedrig. Da jedoch bestimmte Risikogruppen im Deutschen Erwachsenengesundheitssurvey unterrepräsentiert sind, liegt der tatsächliche Wert vermutlich höher. Im Jahr 2020 ließen sich 60 % aller HCV-Neudiagnosen in Deutschland auf intravenösen Drogenkonsum zurückführen.
Bestimmte Gruppen gelten als besonders vulnerabel
Mit einer Prävalenz von 23–54 % tragen Menschen, die Drogen injizieren, das höchste Risiko für eine HCV-Infektion. Zu den vulnerablen Gruppen zählen außerdem Obdachlose mit einer Prävalenz von 16 % und Inhaftierte mit einer Prävalenz von 14,3 %. Mit 3,3 % ist die HCV-Prävalenz bei Männern, die Sex mit Männern haben, vergleichsweise gering. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass bei ihnen das Risiko für eine Reinfektion erhöht ist.
Bei diesen besonders vulnerablen Gruppen ist ein zentrales Hindernis in der Therapie der HCV-Infektion die ungenügende Aufklärung, so die Autoren. Es sei essenziell, Maßnahmen zu ergreifen, die dem entgegenwirken, beispielsweise das Bereitstellen niedrigschwelliger Informations-, Test- und Therapiemöglichkeiten.
Nachdem die HCV-Fallzahlen in Deutschland im Rahmen der Coronapandemie zunächst leicht zurückgegangen sind, kam es zu einem deutlichen Anstieg auf 7.990 im Jahr 2022 und 10.474 im Jahr 2023. Ausschlaggebend hierfür war unter anderem die Einbeziehung des Virushepatitis-Screenings in die allgemeine Gesundheitsvorsorgeuntersuchung (Check-up 35). Etwa 40–50 % der Bevölkerung nehmen den Check-up 35 wahr. Dabei sind allerdings Menschen mit niedrigem sozioökonomischem Status sowie Personen mit Migrationshintergrund unterrepräsentiert. Es muss, so die Autoren, ein stärkeres Bewusstsein für die Gesundheitsuntersuchung geschaffen werden. Dabei seien auch Hausärzte gefordert.
Zudem ist zu berücksichtigen, dass in den letzten Jahren mehr als eine Million Menschen aus der Ukraine nach Deutschland gekommen sind. Dort liegt die HCV-Prävalenz bei etwa 3 %. Entsprechende Informationen in der Muttersprache sind hilfreich, um Menschen mit Migrationshintergrund für HCV zu sensibilisieren.
Quelle: Graf C, Sarrazin C. Innere Medizin 2024; 65: 308-317; DOI: 10.1007/s00108-024-01684-5