Zeitumstellung hat unmittelbare Konsequenzen für Herz und Hirn
In den USA schwelt aktuell die gleiche Debatte wie in Europa: Soll die Zeitumstellung das Zeitliche segnen oder nicht? Schon vor über 40 Jahren bescheinigte ein US-Ministerium der Sommerzeit nur eine marginale Energieeinsparung. Derweil häufen sich die Hinweise auf gesundheitliche Probleme durch die Stunde weniger Schlaf Ende März – zum Teil mit klinischen Konsequenzen.
Pro Nacht 15–20 Minuten weniger Schlaf
So treten in der ersten Woche nach dem Zeigerdreh etwa 5 % mehr Herzinfarkte auf. Das geht aus einer in diesem Jahr publizierten Metaanalyse mit über 100 000 Personen hervor. Eine erhöhte Rate an ischämischen Schlaganfällen findet sich laut einer anderen Studie bis zu zwei Tage nach der Umstellung. Insbesondere Ältere, Frauen und Krebskranke scheinen anfällig für das zerebrovaskuläre Ereignis zu sein.
Die Neurologin Dr. Beth A. Malow von der Vanderbilt University School of Medicine in Nashville und Kollegen führen diesen Risikoanstieg zurück auf den akuten Schlafmangel, eine erhöhte sympathische Aktivität und die vermehrte Freisetzung proinflammatorischer Zytokine. 15–20 Minuten Schlaf rauben die ersten Tage der Sommerzeit pro Nacht. Einer Befragung zufolge schlummern Menschen etwa zwei Wochen lang schlechter als gewohnt. Das Defizit schränkt nachweislich die Lebensqualität ein, vor allem bei Männern und Vollzeitbeschäftigten.
Bereits der kurzfristige Schlafentzug könnte über eine gestörte Genexpression den zirkadianen Rhythmus durcheinanderbringen und somit negative Folgen bedingen. „Es geht nicht um zweimal jährlich eine Stunde. Es geht um eine Fehlausrichtung unserer biologischen Uhr“, wird Dr. Malow in einer Pressemitteilung des Vanderbilt University Medical Center zitiert. Die Forscher reihen sich deshalb in die Forderung nach einem Ende der Sommerzeit ein.
Wie schädigend eine einstündige Zeitverschiebung für Gesunde tatsächlich ist, bleibt allerdings offen. Möglicherweise laufen Personen mit gestörtem Schlaf-Wach-Rhythmus oder neurologischer Erkrankung, aber auch Kinder und Heranwachsende eher Gefahr, unter dem Vorstellen der Uhren zu leiden, vermuten die Experten.
Quelle: Malow BA et al. JAMA Neurology; DOI: doi.org/10.1001/jamaneurol.2019.3780