Supinatorlogensyndrom Zu eng im Tunnel
Das Supinatorlogensyndrom beruht auf einer chronischen Kompression des Nervus radialis. Der Engpass liegt unterhalb des Ellenbogengelenks im Bereich des Musculus supinator, der den Unterarm nach auswärts dreht. Der oberflächliche und der tiefe Teil des Muskels bilden den Supinatorkanal. Durch diese schmale Stelle verläuft der motorische Ast des Speichennervs, der einen großen Teil der Extensoren des Unterarms versorgt.
Motorische Beschwerden stehen im Vordergrund
Die Druckschädigung kann verschiedene Ursachen haben. Eine davon ist die Kompression durch den fibrösen Eingangsbereich, die Frohse-Arkade. Aber auch Frakturen an Ulna oder Radius, Lipome, Ganglien oder eine muskuläre Überbeanspruchung kommen als Auslöser in Betracht, schreibt Dr. Heinrich Binsfeld aus Drensteinfurt.
Dem Schädigungsmuster entsprechend steht die motorische Beeinträchtigung im Vordergrund. Erstes Zeichen des Supinatorlogensyndroms ist eine Streckschwäche vor allem des dritten und vierten Fingers, bis hin zur fehlenden Extensionsfähigkeit. Auch der ulnare Handgelenkstrecker kann betroffen sein, nicht aber der radiale. Empfindungsstörungen fehlen, da der sensible Anteil des Nervs verschont bleibt. Allerdings besteht ein dumpfer Spontanschmerz in Ellenbogennähe, der sich bei Druck verstärkt und regelmäßig beim Drehen der Handfläche nach oben auftritt. Mitunter strahlen die Schmerzen ins Handgelenk aus. Nach mehreren Drehungbewegungen des Unterarms kann es zur Muskelermüdung kommen.
Die Schmerzen an der Außenseite des Ellenbogens ähneln dem Bild beim sogenannten Tennisarm. Sie beginnen häufig ebenfalls in der Nähe des radialen Epikondylus, dem tastbaren Knochenvorsprung des Humerus am Gelenk. Sie verstärken sich, wenn der Patient das Handgelenk nach hinten biegt, die Palma manus nach oben dreht oder mit ausgestreckter Hand und geradem Ellenbogen einen Gegenstand hält.
Epicondylitis humeri radialis und Supinatorlogensyndrom unterscheiden sich jedoch hinsichtlich der genauen Lokalisation des Schmerzes. Beim Tennisellenbogen beginnen die Beschwerden am Ansatzpunkt der Sehne am seitlichen Epikondylus ulna. Betroffene mit dem Tunnelsyndrom hingegen spüren den Schmerz etwa zwei Zentimeter weiter unten. Zudem können sich die Schmerzen bis auf die Streckseite des Unterarms ausbreiten. Anders als beim Tennisarm treten sie auch in Ruhe auf, häufig sogar nachts.
Bei der Untersuchung fällt ein druckschmerzhafter Punkt unterhalb des äußeren Ellenknochens am Unterarm auf. Typisch für das Tunnelsyndrom ist das Zurückfallen des Mittel- und Ringfingers bei der Extension, während Zeige- und Kleinfinger gestreckt bleiben. Dieses Phänomen wird auch als partielle Fallhand oder Fallfinger bezeichnet.
Die eingeschränkte Beweglichkeit im Handgelenk betrifft nur den ulnaren Extensor. Eine Messung der Nervenleitgeschwindigkeit bestätigt das charakteristische Lähmungsbild. Die Elektromyographie zeigt eine veränderte Aktivität der durch den N. radialis versorgten Muskulatur des Unterarms. Mit bildgebenden Verfahren wie Sonographie oder MRT lässt sich das Syndrom nicht zuverlässig diagnostizieren. Sie ermöglichen jedoch den Nachweis einer Kompression oder einer Raumforderung, etwa durch ein Lipom. Die Behandlung erfolgt anfangs meist konservativ mit Analgesie, Schonung und Physiotherapie. Bleibt der Erfolg aus, ist eine chirurgische Intervention nötig. Bei chronisch progredienten Paresen sollte man mit der operativen Freilegung des N. radialis nicht zögern. Ein erfahrener Chirurg kann den Eingriff in Lokalanästhesie vornehmen. Bei Patienten mit kräftiger Muskulatur oder bei Vorliegen eines großen Lipoms ist eine Regional- oder Plexusanästhesie von Vorteil.
Die OP führt zur Druckentlastung des tiefen Astes des N. radialis an der Durchtrittstelle in den M. supinator. Die Wundheilung dauert etwa zwei Wochen, die Prognose ist im Allgemeinen gut. Nach rund dreiwöchigem Ruhigstellen in der Oberarmgipsschiene können krankengymnastische Übungen beginnen. Schwellungen lassen sich mit konsequentem Hochlagern des Arms begegnen.
Quelle: Binsfeld H. Schmerzmedizin 2022; 38: 27-31; DOI:10.1007/s00940-022-3318-3