Stuhltransfer Zwischen Theorie und Praxis

DGIM 2024 Autor: Friederike Klein

Ein Stuhltransfer kann Patient:innen mit CDI helfen. Ein Stuhltransfer kann Patient:innen mit CDI helfen. © Rawf8 – stock.adobe.com

Die fäkale Mikrobiomtransplantation wird für die Therapie rezidivierender Clostridioides-difficile-Infektionen empfohlen. Doch die Pandemie hat den Einsatz fast zum Erliegen gebracht. Dabei ließen sich damit gute Ergebnisse erzielen.

Bei 15–20 % der Patienten mit Clostridioides-difficile-Infektion (CDI) kommt es immer wieder zu Rezidiven, sagte Prof. Dr. Andreas Stallmach, Universitätsklinikum Jena. Unter Immunsupprimierten liegt der Anteil rekurrenter CDI sogar bei 50 %. Für diese Patienten könnte die fäkale Mikrobiomtransplantation (FMT) eine Option darstellen. Nach Daten des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) wurde die Durchführung einer FMT in den Jahren vor der Pandemie etwa 300 Mal pro Jahr kodiert. Seit der Pandemie sind die Zahlen dramatisch zurückgegangen, berichtete Prof. Stallmach. Am 1. April 2020 hatte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) aufgrund des SARS-CoV-2-Infektionsrisikos den Stuhltransfer für alle Präparate untersagt, die nach 2019 hergestellt wurden. Das Verbot wurde im Juni 2023 aufgehoben. Aktuell ist die FMT als individueller Heilversuch und in Studien erlaubt, wird aber bislang wenig durchgeführt

In den USA sind mittlerweile Präparate für verschiedene Applikationswege verfügbar. Eines davon (RBX2660) enthält verflüssigtes Mikrobiom eines Spenderpools zur Anwendung zu Hause als Einlauf. Die CDI-Rezidivrate wurde durch dieses Präparat in einer placebokontrollierten Studie im Zeitraum von zwei Jahren um 13 % gesenkt. Der Preis für 150 ml Suspension beläuft sich allerdings auf fast 9.500 Dollar, berichtete Prof. Stallmach.

Für die orale Mikrobiomtherapie ist in den USA auch etwas im Angebot. Dazu werden Sporen der Mikroorganismen aus dem Spenderstuhl isoliert und für die orale Einnahme verkapselt. Das Präparat SER-109 reduzierte die CDI-Rezidivrate in einer placebokontrollierten Studie um 68 %. Dieses über die internationale Apotheke verfügbare Produkt ist laut Prof. Stallmach allerdings noch teurer als die Stuhlsuspension: Eine viertägige Behandlung beläuft sich auf 17.000 Dollar. 

Das ebenfalls orale Produkt VE303 berücksichtigt die Bedeutung von sekundären Gallensäuren, um CDI zu verhindern. Aus dem Stuhl werden Bakterien aus acht Stämmen vermehrt, die sekundäre Gallensäuren produzieren. Dieses gezielt selektierte, rekombinante Teilmikrobiom wird verkapselt und oral eingenommen. Bei Patienten mit rezidivierten CDI führte die höhere Prüfdosis von VE303 zu einer Reduktion des Risikos für ein erneutes CDI-Rezidiv um 32 %. Prof. Stallmach ist allerdings skeptisch, ob die Berücksichtigung nur bestimmter Bakterientaxa eine erfolgversprechende Strategie ist. 

Da sich bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen Veränderungen im Mikrobiom feststellen lassen, wird derzeit untersucht, ob die FMT auch bei Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa von Nutzen sein könnte. Bislang sieht es aber nicht so aus, als könne ein solcher einmaliger Therapieansatz bei chronischen Erkrankungen langfristige Erfolge bringen, so der Experte.

Mikrobiom – therapeutische Ansätze 2024 | Prof. Dr. Andreas Stallmach

Quelle: Kongressbericht

aktualisiert am 29.05.2024 um 11.14 Uhr