Aus der Redaktion Alles auf null?
Es ist schon bizarr: Millionen Menschen weltweit wird angesichts der Wiederwahl von Donald Trump schwindelig und Rot-Grün-Gelb schlägt sich sofort selbst k.o. Wegen der Schuldenbremse (Sachebene) bzw. Parteiprofilierung (Beziehungsebene). Immerhin war der vom Kanzler gekonnt vorgetragene Lindner-Rauswurf großes TV-Drama. Die Fortsetzung folgte mit dem FDP-Austritt des Verkehrsministers.
Doch wie geht es mit der Staffel Gesundheitspolitik weiter? All die Reformen, die Prof. Karl Lauterbach noch auf seinem To-Do-Zettel hatte: Notfallversorgung, Pflege, Apotheken, Prävention, Entbudgetierung des hausärztlichen Honorars usw. Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Tino Sorge, hat umgehend erklärt, dass fürs Gesundheitswesen die Legislatur beendet sei, eine projektbezogene Zusammenarbeit werde es nicht geben.
Im KBV-Vorstand verdrückt man deswegen keine Träne. Die ministeriellen Aktivitäten des Kollegen Lauterbach boten ihm sowieso eher Anlass zur Kritik als einen Quell der Freude. Auch die BÄK gewinnt für ihren Entwurf einer neuen GOÄ Zeit, bis eine neue Regierung steht. Die Pharmaindustrie verbucht zumindest das Medizinforschungsgesetz auf der Habenseite.
Was wird also von Prof. Lauterbachs Wirken bleiben – das Cannabisgesetz, der Bundes-Klinik-Atlas, ePA und E-Rezept, die höchsten Beitragssatzzuwächse in GKV und Pflegeversicherung aller Zeiten? Die Krankenhausreform ist vom Bundestag verabschiedet. Wegen der lockenden Milliarden für die Kliniken freunden sich die Bundesländer jetzt vielleicht damit an. Eine erwartbar unionsgeführte Bundesregierung könnte die Reform ja teilweise umschreiben.
Auch wenn der Hausärztinnen- und Hausärzteverband nun drei verlorene Jahre beklagt – die Union will ebenso die Patientensteuerung mithilfe der HzV ausbauen wie die SPD. Im Papier der Konrad-Adenauer-Stiftung „Mut zu neuen Ideen“ betont Ex-Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) die „Notwendigkeit, durch ,Preissignale‘ das Kostenbewusstsein aller Beteiligten zu stärken, ohne den solidarischen Charakter unseres Gesundheitswesens infrage zu stellen“. Für eine nachhaltige Finanzierung der GKV wird das noch nicht reichen. Und der Bedarf an Strukturreformen bleibt groß.
Michael Reischmann
Ressortleiter Gesundheitspolitik