Apotheken im Sterbebett
Es gibt sie noch, die Apotheke gleich um die Ecke. Aber wie lange noch? Ein Ende letzten Jahres veröffentlichtes Gutachten des Bundeswirtschaftsministeriums konstatiert, dass in Deutschland fast jede zweite der rund 20 000 Apotheken in ihrem Bestand gefährdet ist, weil sie zu wenig Geld abwirft. In der Analyse zur Lage der Apotheken halten die Experten die Schließung von rund 7600 inhabergeführten Hauptapotheken für „mittelfristig wahrscheinlich“.
Zahlreiche Filialen müssten dann noch hinzugerechnet werden. Die Gutachter räumen in ihrer 260 Seiten starken Expertise daher mit der noch immer weitverbreiteten Mär vom reichen Apotheker gründlich auf. Die gefährdeten Apotheken erwirtschaften demzufolge kein angemessenes Betriebsergebnis und somit auch keinen ausreichenden Unternehmerlohn. Die Gefahr eines schon bald drohenden Versorgungsnotstands sehen die Gutachter dennoch nicht. Apotheker-Verbände hingegen schlagen zu Recht Alarm, denn wenn auch „nur“ ein Drittel der Apotheken aufgeben muss, dann können weder umtriebige Online-Versender noch halbherzig umgesetzte Projekte für die Versorgung des ländlichen Raums die Lücke schließen.
Zur Lösung des Problems empfehlen die Gutachter bemerkenswerterweise nicht etwa, die gefährdeten Apotheken zu retten. Das koste rund drei Milliarden Euro und sei der Allgemeinheit daher nicht zuzumuten. Sie wollen vielmehr die Kosten zulasten der Pharmazeuten unterm Strich noch weiter drücken – und zwar um 1,2 Milliarden Euro. Dazu soll zum Beispiel das Fixhonorar, das Pharmazeuten für die Abgabe eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels erhalten, von derzeit 8,35 Euro auf 5,84 Euro gesenkt werden.
Kein Wunder, dass die Betroffenen dagegen Sturm laufen. Das Gutachten sei zwar nur eines von vielen, aber wenn solche Pläne umgesetzt würden, „können wir den Laden dichtmachen“, heißt es denn auch aus Verbandskreisen. Stattdessen empfehlen die von der Politik beauftragten Experten lediglich die Einrichtung eines mit 100 Millionen Euro ausstaffierten Strukturfonds, der den Apotheken auf dem platten Land unter die Arme greifen soll.
Das allein ist als Ergebnis der umfangreichen Recherche meiner Meinung nach jedoch arg dürftig. Das drohende Apothekensterben darf nicht lapidar als heilsame Marktbereinigung bewertet werden. Der in solchen Debatten stereotype Ruf nach Einsparmöglichkeiten einerseits und ein eher bescheidener Fonds andererseits reichen nicht aus – da hätte ich mir durchaus mehr Einfallsreichtum der Autoren gewünscht. Die Ärzteschaft nämlich hat an einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem benachbarten Apotheker ein vitales Interesse.