Zytostatika-Herstellung Apotheken machen satte Gewinne

Gesundheitspolitik Autor: Cornelia Kolbeck

Laut Vertrag mit dem GKV-Spitzenverband erhalten Apotheken bei Zytostatika eine Herstellerpauschale von 100 Euro. Laut Vertrag mit dem GKV-Spitzenverband erhalten Apotheken bei Zytostatika eine Herstellerpauschale von 100 Euro. © benicoma – stock.adobe.com

Apothekerinnen und Apotheker sollen bei Zytostatika-Zubereitungen Rabatte nicht weitergeben. Nachweise über mögliche Einsparungen bei den gesetzlichen Kassen fehlen aufgrund einer löchrigen Informationsbasis. Der Gesetzgeber will handeln. Die PKV klinkt sich ein.

Apotheken, die Krebsmedikamente herstellen, könnten mit einer einzigen Infusion mehr als 1.000 Euro extra verdienen, berichtete 2023 die investigative Presse. Zwar liegt die Herstellpauschale für Zubereitung und Bereitstellungskosten gerade einmal bei 100 Euro, aber entsprechende Preislisten lassen laut Rechercheverbund erhebliche Gewinne vermuten. Krankenkassen könnten unnötigerweise mit jährlichen Kosten von bis zu 500 Mio. Euro für die lebenswichtigen onkologischen Therapien belastet werden, hieß es.

Bundesgesundheitsminister will Wissenslücken schließen

Der Verband Zytostatika herstellender Apothekerinnen und Apotheker hielt die Vorwürfe – mit Blick auf die rund 300 Apotheken, die Zytostatika-Zubereitungen abrechnen können – für nicht nachvollziehbar. So hohe Gewinnspannen gebe es gar nicht. In der ambulanten onkologischen Versorgung würden jährlich Infusionstherapien mit einem Marktvolumen von etwa 2,2 Mrd. Euro hergestellt. Rabatte bei den pharmazeutischen Unternehmen oder Großhändlern könnten Apotheken aber nur bei Biosimilars und Generika aushandeln – und deren Volumen betrage 460 Mio. Euro. Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung wusste nichts Näheres zu berichten. Listen der Großhändler lägen nicht vor, so ein Sprecher.

Der Bundesgesundheitsminister kündigte an, das Problem der Wissenslücken regulatorisch angehen zu wollen. Dass Kassen Mühe hätten, die Zahlen zu bekommen, sei „ein unhaltbarer Zustand“. Ändern soll dies das Apotheken-Reformgesetz (ApoRG). Gemäß Referentenentwurf soll der GKV-Spitzenverband künftig von Apotheken und pharmazeutischen Unternehmen Nachweise über Bezugsquellen, verarbeitete Mengen und vereinbarte Preise abfragen können. Verpflichtende elektronische Vorgaben und eine einheitliche strukturierte und beschleunigte Abfrage über gezahlte Einkaufspreise der Apotheken sollen für Transparenz sorgen. Vorgesehen sind zudem Fristen zur Übermittlung von Preisauskünften.

Laut BMG-Pressestelle ist die Meinungsbildung zum ApoRG innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen. Der Kabinettsbeschluss wird aber bald erwartet. 

Gesetzlichen Änderungsbedarf meldet auch der Verband der Privaten Krankenversicherung an. Spezialisierte Apotheken profitierten bei Krebsmedikamenten für Privatversicherte von sehr hohen Pharmarabatten – würden diese aber kaum an die Patientinnen und Patienten weitergeben, klagt PKV-Verbandsvize Joachim Patt. 

Als Beispiel führt er den humanisierten monoklonalen Antikörper Bevacizumab an, zugelassen zur Behandlung von sechs verschiedenen Krebserkrankungen. „In der GKV werden für den Wirkstoff gemäß der Hilfstaxe aktuell 1.494,42 Euro aufgerufen. In der PKV liegt der Preis jedoch mit 3.581,04 Euro mehr als doppelt so hoch.“ 

PKV will an Einkaufsvorteilen wie die GKV teilhaben

Patt spricht von einer Fehlentwicklung, die dringend korrigiert werden müsse. „In den Anlagen der Hilfstaxe, die regelmäßig aktualisiert werden, sind deutlich günstigere Preise hinterlegt, die den tatsächlichen Einkaufspreisen der Apotheken näher kommen.“ Für Privatversicherte gelte dieser „Vertrag über die Preisbildung für Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen“ zwischen dem Deutschen Apothekerverband und dem GKV-Spitzenverband jedoch nicht. Das lasse sich mit dem ApoRG jetzt ändern. „Würden Privatversicherte an den erheblichen Einkaufsvorteilen der Zytostatika-Apotheken teilhaben, könne dies zu Einsparungen im dreistelligen Millionenbereich für die Versichertengemeinschaft der Privatversicherten führen“, so Patt.

Medical-Tribune-Bericht