Deutsche Diabetes Gesellschaft Bahnstreik? Viele andere Wege führten zum Strategietag
Wir sind eine starke Gesellschaft, eine starke DDG. Wir sind breit aufgestellt – genau das macht aber auch eine thematische Tiefe möglich“ – mit diesen Worten stimmten die beiden Moderatoren, Professor Dr. Ralf Lobmann, Sprecher der DDG Regionalgesellschaften, und Dr. Ralph Ziegler, Sprecher der DDG Gremien, auf den jährlichen Strategietag ein, der traditionell vor der Diabetes Herbsttagung stattfindet. Was macht die DDG stark? Natürlich ihre Mitglieder, inzwischen sind es um die 9.400.
Was sie mit tatkräftiger Unterstützung durch die Geschäfsstelle 2023 auf den Weg gebracht haben, fasste DDG Präsident Professor Dr. Andreas Fritsche zusammen: Sichtbarmachung der Behandlungsqualität durch neue Zertifikatsnamen und ergänzende Module, die Etablierung der DDG Akademie, die Diabetesedukation, zahlreiche Leitlinien und Praxisempfehlungen, Stellungnahmen und Positionspapiere.
Über allem schwebte die Krankenhausreform …
Über allem aber schwebte als Themenschwerpunkt die Krankenhausreform. Die DDG, so Prof. Fritsche, habe sich stark eingebracht, „aber der Einfluss der Fachgesellschaften ist begrenzt“. Knackpunkt seien die Leistungsgruppen, „im Grunde ein Sammelbegriff für die schon bestehenden DRG“. Unbedingt notwendig neben Chest Pain Units und Stroke Units seien in den Kliniken Diabetes Units, so Prof. Fritsche.
Und am allerwichtigsten sei, dass die Krankenhausreform den Diabetes ernst nimmt. Unabdingbar seien dafür der Schulterschluss mit AWMF und DGIM und die enge Vernetzung mit den DDG Regionalgesellschaften, da die Ausgestaltung der Reform zur Ländersache werde.
Professor Galle (DGIM) erklärt – und kritisiert
„Ich widerspreche Ihnen in keinem Punkt“, war, an Prof. Fritsche gewandt, der Einleitungssatz von Professor Dr. Jan Galle, zweiter stellvertretender Vorsitzender der DGIM, Nephrologe und Klinikdirektor am Klinikum Lüdenscheid. Er war für seinen Impulsvortrag über die Krankenhausreform zugeschaltet und ordnete den bisherigen Verlauf der Reformbemühungen aus Sicht der DGIM ein.
Ambulantisierung und Fachkräftemangel waren wichtige Stichworte zur allgemeinen Lage der Kliniken und schnell kam der schon bei Prof. Fritsche angeklungene Verweis darauf, dass die Krankenhausstruktur Ländersache ist und durch das Eckpunktepapier zur Krankenhausreform vom 10. Juli 2023 die Position der Länder gestärkt wurde. In diesem Papier findet sich zwar auch die von vielen zunächst positiv bewertete Vorhaltevergütung. „Der Haken an der ganzen Geschichte ist aber: Es ist nirgendwo vorgesehen, dass wirklich mehr Geld in das System kommt.“ Die Schlussfolgerung Prof. Galles: „Es muss eine Reduktion der Leistungserbringer geben, damit der individuelle Leistungserbringer mit den Vorhaltekosten zurechtkommt.“
Prof. Galle schloss mit sieben Hauptkritikpunkten – dazu zählen das unklare Finanzierungssystem, die nicht vorgesehenen Möglichkeiten für einen flexibleren Umgang mit den Leistungsgruppen und die bis jetzt ebenfalls nicht vorgesehene Stärkung der sektorübergreifenden Versorgung.
Hoffnung auf Erreichen der Reformziele? Ein bisschen …
Werden durch die Krankenhausreform die avisierten Ziele „Versorgungssicherheit gewährleisten“, „Versorgungsqualität stärken“ und „weniger Bürokratie“ erreicht? Eine kurze Umfrage zu Beginn der Podiumsdiskussion zeigte, dass die meisten Teilnehmenden daran nicht mehr glauben. Wer vorne mitdiskutierte, konnte auch kaum Positives berichten – gesprochen wurde über die Gefahr, dass die Diabetologie zu einem rein ambulanten Fach werden könnte, von der fehlenden öffentlichen Wahrnehmung, von großen finanziellen Problemen in den Kliniken, von der Notwendigkeit, sich breit aufzustellen und darüber, als Klinik auch ein ambulantes Angebot machen und sektorenübergreifend arbeiten zu müssen.
„Wer fängt die Patienten auf, die nicht mehr im Krankenhaus behandelt werden, weil es keine stationäre Diabetologie mehr gibt?“, fragte Prof. Lobmann. Weitere Diskussionspunkte waren der Fachkräftemangel und die fehlenden Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten.
Absicherung für nicht-ärztliche Fachräfte noch möglich
Professor Dr. Dirk Müller Wieland, Vorsitzender des Ausschusses QSW, hat noch Hoffnung. „Wenn wir differenzierende Qualifizierungsmerkmale an Leistungsgruppen in den unterschiedlichen Versorgungsstufen bekommen, gibt es zumindest im Moment noch eine Chance, die Strukturen abzubilden.“ Weiterhin seien auch Mindestvorgaben für die nicht-ärztlichen Gesundheitsfachkräfte noch in der Diskussion. „Das wäre das erste Mal, dass wir eine Absicherung bekommen für Diabetesassistentinnen und Diabetesberaterinnen. Und das ist noch nicht verloren, daran arbeiten wir weiterhin.“ Er wies außerdem darauf hin: „Wenn wir eine strukturierte Diabetologie machen, müssen wir auch besser sein – und das müssen wir auch belegen.“
Weitere wichtige Themen des Strategietags
- Es wird künftig eine AG der DDG geben, die sich mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigt.
- Die DDG will weiterhin die Etablierung des Facharztes Diabetologie anstreben.
- Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, soll nach außen getragen werden, wie gut die Weiterbildung der DDG ist.
- Es gibt eine Empfehlung für Dia-betes-Teams zu Datensicherheit und Datenaustausch, diese wurde erarbeitet von der Kommission Digitalisierung.
- AGPD und DGKED schließen sich zur DGAEPD (Deutsche Gesellschaft für pädiatrische und adoleszente Endokrinologie und Diabetologie) zusammen.
- Vorgestellt wurde ein DDG Song, der die DDG auch über das Jubiläumsjahr 2024 (60 Jahre DDG) hinaus begleiten soll.