Strategietag DDG spricht über Trends und ihre Strategie

Gesundheitspolitik Autor: Michael Reischmann

Gruppenbild in Wiesbaden von Vorstand, Gremien und Geschäftsstelle der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG). Gruppenbild in Wiesbaden von Vorstand, Gremien und Geschäftsstelle der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG). © DDG/Dirk Deckbar

Bei der Fort- und Weiterbildung von Ärzt*innen, Pflegekräften und Angehörigen beratender Gesundheitsfachberufe tut sich viel: Digitalisierung der Angebote, neue Inhalte, die den technischen Fortschritt und das wachsende Aufgabenspektrum abbilden, sowie politische Entwicklungen wie die DRG-Reform. Die DDG widmete sich all dem auf ihrem Strategietag.

Traditionell veranstaltet die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) am Tag vor der Diabetes Herbsttagung ihren Strategietag. Vertreter*innen von Vorstand, Gremien und Geschäftsstelle treffen sich zum Gedankenaustausch. Dieser findet in Form von Vorträgen, Diskussionen auf dem Podium und im Plenum sowie Workshops statt – und natürlich in Gesprächen in den Pausen an Stehtischen. Auch 2022 war der Strategietag wieder hybrid: Expert*innen wurden per Live-Stream oder Video in den Saal geholt.

Wissensvertiefung in Modulen

Schwerpunkt des Strategietages war die Fort- und Weiterbildung für Diabetolog*innen und Gesundheitsfachberufe. Die DDG will hier wettbewerbsfähig bleiben und neue Anforderungen erfüllen. In der Diabetologie geht es z.B. um die Implementierung vertiefender „Module“ zum Gestationsdiabetes, zum diabetischen Fuß und zur Psyche im Spektrum des Diabeteszentrums und des Diabetologikums. Das Erwerben und Kenntlichmachen von Spezialisierungen dient der Qualitätssicherung in Einrichtungen, gehört aber auch zum „lebenslangen Lernen“. Allerdings muss auch die Frage der Refinanzierung beantwortet werden, damit diese Angebote noch mehr Zuspruch finden.

Leistungserbringer müssen bei ihrer Spezialisierung vielleicht erst in Vorleistung treten, bis sich Selektivverträge mit den Krankenkassen schließen lassen, meinte Prof. Dr. Bernhard Kulzer vom Ausschuss Qualitätssicherung, Schulung und Weiterbildung. Bei der Qualifizierung der Gesundheitsberufe ist die Pflege in den Fokus gerückt. Das liegt an den politischen Bemühungen, den Pflegeberuf durch Karrierechancen attraktiver zu machen. Zum einen ist gesetzlich bestimmt, dass ab 2023 Modellvorhaben zur Substitution ärztlicher Leistungen durch qualifizierte Pflegefachkräfte, u.a. in den Bereichen Diabetes und Wundversorgung, stattfinden. Zum andern möchte die Ampelkoalition die „­Community Health Nurse“ etablieren, die auch steuernd agiert, z.B. in den angekündigten Gesundheitskiosken in sozial schwachen Stadtteilen. 

Die DDG wird sich mit verzahnten Angeboten bei der Qualifizierung der Pflegekräfte und der beratenden Gesundheitsfachberufe einbringen. Schließlich kommen 30 % der Fortbildungsteilnehmer*innen aus der Pflege. Allerdings seien neben inhaltlichen Fragen noch rechtliche und wirtschaftliche Verantwortlichkeiten zu klären. Zudem gibt es Befürchtungen, die neuen Versorgungsangebote könnten zulasten der Zahl der „Pflegenden am Bett“ gehen.

Weiterbildung: Erfolgsgeschichte wird fortgeschrieben

Die DDG bildet jährlich rund 140 Diabetolog*innen, 290 Diabetesberater*innen, 215 Diabetesassistent*innen, 100 Pflegefachkräfte und 25 Trainer*innen aus. „Die Weiterbildung ist eine Erfolgsgeschichte“, sagte Prof. Dr. Monika Kellerer, die den erkrankungsbedingt fehlenden DDG Präsidenten Prof. Dr. ­Andreas Neu beim Strategietag vertrat.  

DDG Akademie vereint Fort- und Weiterbildung

Die DDG bündelt jetzt ihre Qualifizierungsangebote auf einer Online-Plattform – der DDG Akademie. Diese ist bereits erreichbar (ddg.meta-dcr.com) und bildet das bestehende vielfältige Gesamtangebot transparent ab. Sie enthält neben den Verknüpfungen zum Diabetes Kongress 2022 und zur Herbsttagung auch DDG Fortbildungen, wie z.B. zur Digitalisierung, sowie Verweise auf Schirmherrschaften. Weitere Kacheln führen zu den Kursen für die ärztliche Weiterbildung, für die Gesundheitsfachberufe und in der Pflege. Auch die Angebote für Fachpsycholog*innen DDG und Apotheker*innen fehlen nicht.

Ein Klick leitet in den passwortgeschützten Bereich weiter, zu Vorträgen aus den Weiterbildungsstätten. Die Plattform ist noch in Bewegung. Verknüpfungen mit den Veranstaltungen von DDG Arbeitsgemeinschaften und Regionalgesellschaften mit ihren spezifischen Angeboten können dazukommen („Vernetzung der DDG Community“). 

Die Akademie bietet den 9.300 DDG Mitgliedern sowie den vielen weiteren Weiterbildungsteilnehmer*innen und Bildungsinteressierten mehr Übersicht, um spezifische Themen zu vertiefen und die Fortbildungsverpflichtung zu unterstützen, sagen Babara Bitzer und Sabrina Vité von der DDG Geschäftsstelle. Sie eignet sich auch, um Informationen on demand (nachträglich) abzurufen. Für den Betrieb sind mehrere Datenbanken zu verknüpfen. Die Plattform soll Lehrende und Lernende verbinden, erklärt DDG Vizepräsident Prof. Dr. Andreas Fritsche.

Die Past Präsidentin berichtete von dem Vorstandsbeschluss, die allgemeinen Projektförderungen 2023 um 100.000 Euro aufzustocken. Dieses Jahr wurden 47 DDG Reisestipendien zu den Kongressen vergeben. Leider musste Prof. Kellerer auch das Scheitern des Förderantrags für das Innovationsfondsprojekt „DMP­plus“ beim Gemeinsamen Bundesausschuss mitteilen. „Der politische Wind weht uns entgegen“, bemerkte die Chefärztin. Die Ablehnung bedeute aber keinesfalls das Ende des Engagements bei der Digitalisierung.

Allerdings hat die Past Präsidentin den Eindruck, das Bundesgesundheitsministerium befinde sich in Sachen Diabetes „in einer Art Tiefschlaf“, das Thema stehe jedenfalls nicht weit oben auf dessen Agenda, wie Anfragen zeigten. „Aber wir haben einen langen Atem.“

Erste Überlegungen zur Behandlung in Tageskliniken

Interessiert verfolgt die Fachgesellschaft die Vorzeichen einer DRG-Reform. Dipl. Psych. Wolfgang Trosbach von der Kommission Kodierung & DRG in der Diabetologie gab hierzu erste Informationen und Einschätzungen. Potenzial für Tagesbehandlungen könnte es z.B. bei Patient*innen mit neuer Insulinpumpe, Pumpenwechsel oder AID-System geben, da hierfür in großem Umfang Ressourcen bei den Schwerpunktpraxen fehlten. Tagesbehandlungen könnten ergänzend zur vollstationären Behandlung erfolgen. Klinikmanagement und Pflege dürften sich im günstigsten Fall über Entlastung freuen, wenn Nachtschichten bezüglich der Pflegepersonaluntergrenzen-Vorgaben eingespart werden können. Ob sich diese Ideen in der Umsetzung bewähren, muss sich aber erst noch zeigen.

Den freudigen Abschluss des Strategietages bildete der gegenseitige Dank an die DDG Führung und die Arbeitsgemeinschaft Diabetes & Migranten. Diese feiert 2022 ihr 20-jähriges Bestehen. Sie gehört zu den besonders rührigen Gremien der Fachgesellschaft. Die DDG nahm das Jubiläum zum Anlass, auf ihrem Stand bei der Diabetes Herbsttagung ein KE-Quiz zu internationalen Speisen anzubieten.