KV-Amtsperiode 2023–2028 Bekannte Gesichter und neue Köpfe bei der Vorstandswahl

Gesundheitspolitik Autor: Michael Reischmann

Ob zwei oder drei Personen im Vorstand einer KV Platz nehmen, hängt nicht von der Größe der KV ab. Ob zwei oder drei Personen im Vorstand einer KV Platz nehmen, hängt nicht von der Größe der KV ab. © peterschreiber.media – stock.adobe.com

Von „KV-Fürsten“ ist kaum noch die Rede. Längst sind die Strukturen demokratisiert und professionalisiert. Dementsprechend verliefen die KV-Wahlen für die neue Amtszeit ohne wüste Schlammschlachten. In einigen Vorständen wurden Stühle gerückt, in anderen sitzen die Frontleute fest im Sattel. Hier die KV-Spitzen im Überblick.

Die Vertragsärzte und -psychotherapeuten haben für die nächsten sechs Jahre ihre Delegierten für die KV-Vertreterversammlung (VV) 2023–2028 gewählt – und diese wiederum die Vorstände. Letzteres steht in Berlin noch an (23.2.). In einigen KVen erfolgen Neubesetzungen oder Vertragsverlängerungen zu anderen Zeitpunkten. Beispiel Westfalen-Lippe: Hier enden die Verträge – bei jedem der drei Vorstandsmitglieder unterschiedlich – zwischen März 2025 und Januar 2028.

Seitdem die Vorstände mit Hauptamtlichen besetzt werden, bietet deren Wahl meist wenig Überraschendes. Wenn die Bündnisse von Haus- und Fachärzten stehen, können deren Kandidaten beruhigt im Vorfeld die Konditionen mit dem Hauptausschuss besprechen. Dieser Ausschuss ist u.a. mit den ehrenamtlichen VV-Vorsitzenden bestückt.

Wie stabil Koalitionen sein können, zeigt das Beispiel Hessen: KV-Chef Frank Dastych erhielt für eine weitere Amtsperiode 49 von 50 Abgeordnetenstimmen. Dito sein neuer Vize, Allgemeinarzt Armin Beck, Schatzmeister im Deutschen Haus­ärzteverband. Gegenkandidaten wurden hier nicht gebraucht.

Im zweiten Anlauf den Vorstand aufgestellt

Anders lief es im Saarland. Die Delegierten stimmten im Oktober zwar für den Urologen San.-Rat Prof. Dr. Harry Derouet als KV-Vorstand. Der Kandidat für den haus­ärztlichen Versorgungsbereich, Dr. Michael Kulas, fiel aber durch. Beim zweiten Anlauf einen Monat später erhielt der Hausarzt Thomas Rehlinger das Vertrauen der Delegierten, er ist nun KV- statt VV-Vize. Bundesweit bekannt ist der Nachname durch die getrennt lebende Ehefrau Anke Rehlinger (SPD), Ministerpräsidentin des Saarlandes. Einen zweiten Anlauf brauchte es auch in Baden-Württemberg. Hier schaffte es die Allianz von MEDI und Haus­ärzteverband zunächst nicht, ihre beiden Kandidaten in Nachfolge des Duos Dres. Metke/Fechner zu inthronisieren. Im Streit um die (abgelehnte) Schaffung eines dritten Vorstandspostens hatten Delegierte die VV im November verlassen, sodass keine Beschlussfähigkeit mehr bestand. Bei der nächsten Sitzung im Dezember klappte es dann. Der Orthopäde und Unfallchirurg Dr. Karsten Braun (MEDI) als KV-Chef sowie Dr. Doris Reinhardt (Haus­ärzteverband) als Vize bestimmen nun die kassenärzt­lichen Geschicke im Musterland der Selektivverträge.

Auch in der größten KV, in ­Bayern, gab es einen Generationswechsel. Die Führung bleibt in hausärztlicher Hand. Dr. Christian Pfeiffer aus dem Vorstand des Bayerischen Hausärzteverbandes folgt in München Dr. Wolfgang Krombholz als KV-Chef nach. Erster Vize ist jetzt der Augenarzt Dr. Peter Heinz, der als Vorsitzender der Allianz der fachärztlichen Berufsverbände Bay­erns zur Wahl angetreten war.

Wie ein Blick auf die Porträts dieser Medical-Tribune-Seiten zeigt, sind Frauen in den KV-Vorständen nach wie vor in der Minderheit. In Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Thüringen führen Ärztinnen die KV. Das Bemühen, eine Frau in den Vorstand zu holen, führt in Niedersachsen nach einer Änderung der Satzung noch zur ergänzenden Wahl eines dritten Mitglieds. § 79 Abs. 4 SGB V schreibt heute zwar vor, dass in einem mehrköpfigen KV-Vorstand mindestens eine Frau und ein Mann vertreten sein müssen. Diese Gesetzesänderung trat aber Ende 2022 erst nach den meisten Vorstandswahlen in Kraft.

Jahressalär von 300.000 Euro ist keine Utopie mehr

Die Posten der hauptamtlichen Vorstände komplett mit Nicht-Ärzten zu besetzen, ist eine Besonderheit von Hamburg und derzeit auch Niedersachsen. In einigen KVen gibt es gemischte Teams. Die Nicht-Mediziner haben sich i.d.R. vorher in der KV in Leitungsfunktionen und als Verwaltungsexperten bewährt. Man sieht auch nur wenige Psychotherapeuten in den KV-Führungsetagen.

Aber keine Selbstzweifel! Wer eine Praxis führen kann, kann auch eine öffentlich-rechtliche Körperschaft leiten oder sogar beides miteinander verbinden. Denn wer die „Bodenständigkeit nicht verlieren“ will und erfahren möchte, wie sich Entscheidungen der Gesundheitspolitik auf die Praxen auswirken, arbeitet auf eigenen Wunsch einfach einen Tag pro Woche ambulant weiter. 

Eine Übersicht, wie die neuen KV-Vorstände bezahlt werden, erhalten die Leser des „Deutschen Ärzteblatts“ im März 2024, wenn für das Jahr 2023 die amtliche Veröffentlichung der jährlichen Vergütungen einschließlich aller Nebenleistungen sowie Versorgungsregelungen erfolgt. Wer vergleichen möchte, wie hoch der Verdienstsprung der neuen gegenüber den alten KV-Vorständen ist, sollte sich die Veröffentlichung für 2022 aufheben, die diesen März erscheint. Außer in Bayern und in der KBV lagen die einzelnen Gehälter 2021 unter 300.000 Euro im Jahr.

Ausdauer zeigt z.B. Dr. Klaus ­Heckemann. Er leitet die KV Sachsen nun in seiner vierten Amtszeit. In Sachsen-Anhalt ist Mathias Tronnier seit 2005 im Vorstand aktiv. Dr. Dieter Kreye ist jetzt – mit zwei Unterbrechungen – zum dritten Mal im Vorstand der KV Mecklenburg-Vorpommern. Dort war er auch schon 2000–2004 ehrenamtliches Mitglied.

Solche Langstrecken setzen nicht nur einen guten Rückhalt voraus. Sie sind auch eine Frage des Alters. Fast alle Vorstandsmitglieder sind in den 1950er und 1960er-Jahren geboren. Für die 50er-Jahrgänge ist absehbar, dass sie in dieser Amtsperiode das Ruhestandsalter erreichen. Allerdings: Die Rente mit 67 ist für einige Aktive offensichtlich kein Thema.

Nachdem die Posten in Vorständen und KV-Gremien verteilt sind, folgt noch die Konstituierung auf Bundesebene. Am 3. März kommt die neue Vertreterversammlung der KBV in Berlin zusammen, um Vorstand und Ausschüsse personell zu besetzen. In der KBV-VV sind KV-Spitzen und dafür gewählte Landesdelegierte vertreten: 24 Fachärzte, 24 Hausärzte, sechs Psychotherapeuten und sechs Mitglieder, die weder Arzt noch Psychotherapeut sind. 

Das Wahlangebot für die ­­KBV-Riege ist schon bekannt

Dr. Andreas Gassen und Dr. ­Stephan Hofmeister haben angekündigt, weitermachen zu wollen. Dr. ­Sibylle Steiner, derzeit Dezernentin im KBV-Geschäftsbereich Ärztliche und Veranlasste Leistungen, soll das Trio komplett machen, so der Vorschlag.

Die Schwerpunkte in den Wahlversprechen der KV-Vorstände für ihre Arbeit in den nächsten Jahren klingen übrigens meist ähnlich: 

  1. Sich um ausreichenden Praxis-Nachwuchs bemühen, damit die frei werdenden Arztsitze passend nachbesetzt werden können.
  2. Einsatz für mehr politische Wertschätzung der ambulanten Versorgung, was insbesondere die Vergütung betrifft.
  3. Weniger Bürokratie, mehr Service! Das schließt das Bestreben um eine nützliche wie funktionierende Digitalisierung ein. 

Medical-Tribune-Bericht