DiGA Krankenkassen wünschen sich andere Regeln
Auch in seinem zweiten Bericht fürs Bundesgesundheitsministerium „über die Inanspruchnahme und Entwicklung der Versorgung mit digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA)“ beklagt der GKV-Spitzenverband die Lage vehement. Von September 2020 bis September 2022 wurden 164.000 DiGA vor allem an die Frau (70 %) gebracht. Die GKV gab dafür 55,5 Mio. Euro aus.
Ins DiGA-Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) schafften es 36 Anwendungen, von denen zwischenzeitlich drei wieder gestrichen wurden. Drei von vier DiGA wurden zunächst zur Erprobung aufgenommen. Die Kassen stören die hohen Preise, die die Anbieter in dieser Probezeit aufrufen. Sie liegen im Schnitt mit 500 Euro (i.d.R. für ein Quartal) „weit über den Preisen für vergleichbare digitale Anwendungen außerhalb des DiGA-Verzeichnisses“, wie der GKV-Spitzenverband feststellt. Auch die zum 1. Oktober 2022 in Kraft getretenen Höchstbeträge würden dieses „sehr hohe Preisniveau nicht nennenswert begrenzen“. Bis September 2022 sind sechs – überwiegend durch die Schiedsstelle festgesetzte – Vergütungsbeträge in Kraft getreten, die ab dem 13. Monat gelten. Diese sind mit durchschnittlich 215 Euro je DiGA und Quartal bis zu 67 % niedriger als die selbst gewählten Preise der Hersteller.
Bei Pflege-Apps gilt eine Obergrenze von 150 Euro
Dass es auch anders laufen kann, macht der GKV-Spitzenverband am Beispiel der digitalen Pflegeanwendungen (DiPA) deutlich. Hier verhandeln die Pflegekassen die Erstattungsbeträge bereits zum ersten Tag der Aufnahme ins DiPA-Verzeichnis – mit einer Obergrenze von 150 Euro pro Quartal inklusive ergänzender Unterstützungsleistungen durch ambulante Pflegeeinrichtungen. Erstattet werden DiPA auch nur, wenn ihr Nutzen nachgewiesen ist. Eine Aufnahme zur Erprobung ist nicht möglich. Solche Regelungen wünscht sich der GKV-Spitzenverband auch für die DiGA. „Die Krankenkassen sollen eine gute Versorgung der Patienten sichern und keine Wirtschaftsförderung mit Beitragsgeldern betreiben“, erklärt Vorstand Stefanie Stoff-Ahnis.
Der Spitzenverband Digitale Gesundheitsversorgung, der für die DiGA-Anbieter spricht, moniert den Kassenreport als „politisch motivierte Interpretation von Daten“. Fakt sei, „dass der Status quo der Regelversorgung für viele Betroffene heute eine ,Nicht-Versorgung‘ ist“. DiGA schafften hier Abhilfe. Die Rückmeldungen von Behandlern sowie Patienten seien überaus positiv.
Bei einer aktuellen Online-Umfrage für den AOK-Bundesverband bewerteten 58 % der gut 2.600 Befragten DiGA als sinnvolle Ergänzung ihrer Therapie. Als größter Vorteil wurde genannt, dass man sich die Nutzung zeitlich flexibel einteilen kann (70 %). 40 % meinten, dass ihnen die Anwendung geholfen habe, ihre Erkrankung besser in den Griff zu bekommen. 94 % gaben an, die Anwendung per Rezept erhalten zu haben, doch nur 38 % haben ihr Nutzungsverhalten und die Resultate mit ihrem Arzt oder Therapeuten besprochen. 23 % erklärten, die DIGA kürzer als vorgesehen genutzt zu haben.
Die Guten ins Töpfchen ...
Von den 36 DiGA, die es in den ersten beiden Jahren ins Verzeichnis des BfArM schafften, hatten nur neun von Beginn an einen „dauerhaften“ Status. 27 wurden zur Erprobung aufgenommen, um ihnen Zeit zu geben, einen positiven Versorgungseffekt nachzuweisen. Das gelang bei vier Anwendungen. Drei DiGA wurden gestrichen. Bei 11 der 20 Apps, die Stand 30. September 2022 noch in der Erprobung waren, lief der Testzeitraum schon länger als zwölf Monate.
Hausärzte stellen die meisten Verordnungen aus
Nach Angaben des GKV-Spitzenverbandes gelangen 89 % der DiGA per ärztlicher bzw. psychotherapeutischer Verordnung zu den – im Schnitt 45 Jahre alten – Patienten. DiGA-Genehmigungen durch die Krankenkasse nehmen demnach eine untergeordnete Rolle ein. Über ein Drittel der Verordnungen kamen von Hausärzten, gefolgt von Orthopäden (18 %) und HNO-Ärzten (17 %). 13 % aller Verordnungen und Genehmigungen stellten mindestens eine zweite Gewährung dar. Bei einer Migräne-App kam es zu 11.500 Verordnungen für 1,7 Mio. Euro – bis diese nach 16 Monaten Erprobung wegen fehlender positiver Versorgungseffekte aus dem BfArM-Verzeichnis gestrichen wurde.
Medical-Tribune-Bericht