Apps in Erprobung DiGA-Verlaufskontrolle wird jetzt häufiger honoriert

Abrechnung und ärztliche Vergütung , Kassenabrechnung Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann

Bislang zeigen sich Ärzte und Psychotherapeuten noch zögerlich bei der Verordnung von Apps. Bislang zeigen sich Ärzte und Psychotherapeuten noch zögerlich bei der Verordnung von Apps. © iStock/uniquepixel

Ärzte und Psychotherapeuten sind bei Apps auf Rezept eher zurückhaltend. Bisher gab es rund 2 Euro für die Verordnung, seit diesem Mai locken weitere 7 Euro.

Jens Spahns Digitale-Versorgung-Gesetz eröffnete die GKV-Finanzierung von Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA). Denkwürdig war dies, weil es bis dahin keine Anhaltspunkte für einen wesentlichen Bedarf bei den Patienten für diese Technologie gab – anders als auf der Anbieterseite. Diese Dysbalance versuchen KBV und GKV-Spitzenverband nun in einer Sonderaktion zu beheben: Den Vertragsärzten und -psychotherapeuten wird ein Honorar fürs „Handling“ einiger DiGA angeboten. 

Die Erstverordnung aller vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) dauerhaft oder vorläufig genehmigten DiGA kann mit der Nr. 01470 EBM (2,03 Euro) berechnet werden. Außerdem wird bei der DiGA „Somnio“ die „Verlaufskontrolle und Auswertung“ nach Nr. 01471 (7,21 Euro) bezahlt. 

Pseudonummern statt EBM-Positionen

Nun haben sich KBV und Kassen über weitere ärztliche Leistungen bei einigen vorläufig gelisteten DiGA geeinigt. Dazu wurden zwei Anhänge in die Anlage 34 zum Bundesmantelvertrag-Ärzte aufgenommen. Da die Entscheidung nicht vom Bewertungsausschuss kommt, wurde eine mit 7,12 Euro bewertete Pseudonummer 86700 für die Verlaufskontrolle geschaffen. Diese kann nicht von allen Fachgruppen angesetzt werden, wohl aber z.B. von Haus- und Kinderärzten sowie Internisten.

Die Nr. 86700 ist nur einmal im Behandlungsfall berechnungsfähig und im Krankheitsfall je DiGA höchstens zweimal. Eine Berechnung neben der Erstverordnung derselben DiGA nach Nr. 01470 ist ausgeschlossen. Beim Ansatz muss die Pharmazentralnummer der DiGA angegeben werden, für die die Verlaufskontrolle abgerechnet wird. Werden im Behandlungsfall bei einem Patienten mehrere Kontrollen bei unterschiedlichen DiGA vorgenommen, kann die Nr. 86700 mehrfach berechnet werden. „Verlaufskontrolle“ ist ein Sammelbegriff für die vom BfArM festgelegten Tätigkeiten (Kontrolluntersuchung, Begleitung, Auswertung, Beurteilung, Visite, Individualisierung und Überprüfung). Aktuell lässt sich die 86700 für folgende DiGA ansetzen: 

  • Zanadio (Abnehmprogramm mit ganzheitlichem Therapieansatz)
  • Invirto – Therapie gegen Angst 
  • Cankado Pro-React Onco (App für Brustkrebspatientinnen)
  • Mawendo (Bewegungstherapie) 
  • Oviva Direkt für Adipositas
  • compagnion patella (Therapie­programm bei Knieschmerzen)

Da einige dieser DiGA die Daten und Arztberichte nur über die App oder als PDF-Dokument zur Verfügung stellen und keinen gesonderten Arztzugang bieten, ist die Berechnung der Nr. 86700 in einer Video­sprechstunde nicht möglich.

Abrechnungsspektrum bei Verordnung und Verlaufskontrolle von DiGA seit dem 1. Mai 2022
EBM-Nr. Legende Euro Bemerkungen
01470 Zusatzpauschale für Erstverordnung einer DiGA, 
einmal im Behandlungsfall
2,03 Beide Leistungen sind bis zum 31.12.2022 befristet berechnungsfähig.
86701 Pauschale für Erstverordnung einer DiGA für Kinder und Jugendliche (12 bis 17 Jahre),
einmal im Behandlungsfall
2,00 Bei der Erstverordnung mehrerer DiGA je Versichertem im Behand-lungsfall sind die Leistungen entsprechend der Anzahl der Erstverordnungen mit Angabe einer Begründung (Pharmazentralnummer der verordneten DiGA) mehrmals berechnungsfähig.
01471 Verlaufskontrolle und Auswertung der DiGA somnio, 
einmal im Behandlungsfall
7,12 Ist auch bei einer Videosprechstunde berechnungsfähig und mit einer bundeseinheitlichen Zusatzkennzeichnung zu dokumentieren.
86700 Pauschale für Leistungen im Zusammenhang mit der Anwendung einer DiGA 7,12 Je DiGA im Krankheitsfall höchstens zweimal berechnungsfähig.
Pharmazentralnummer der DiGA ist anzugeben.
Bei Anwendung mehrerer DiGA im Behandlungsfall ist die 86700 entsprechend der Anzahl der DiGA mehrmals berechnungsfähig.
Im Behandlungsfall nicht neben der Erstverordnung derselben DiGA nach Nr. 01470 ansetzbar.

Quelle: Beschluss der Partner der Gesamtverträge (KBV/GKV-Spitzenverband) vom 1. Mai 2022

Drei DiGA, die auch für Jugendliche verfügbar sind

Weil es zunächst keine dauerhaft aufgenommenen DiGA für Kinder und Jugendliche gab, konnten Kinderärzte die Nr. 01470 für die Erstverordnung nicht nutzen. Das DiGA-Verzeichnis wurde nun aber vorläufig um die Programme Rehappy (Schlaganfall), Mawendo und compagnion patella für die Altersgruppe 12 bis 17 Jahre ergänzt. Damit Pädiater diesen Patienten eine der drei DiGA erstmals verordnen können, wurde die Pseudonummer 86701 (2 Euro) beschlossen. Wie die 01470 ist die Leistung bis zum 31. Dezember 2022 befristet und wird dann in die Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschalen überführt.

Warum geht man den Umweg über Pseudoziffern? Beim Festlegen der Vergütung für vom BfArM bestimmte Leistungen ist zu unterscheiden, ob eine DiGA dauerhaft ins Verzeichnis aufgenommen wurde oder vorläufig zur Erprobung. Für Erstere muss der EBM angepasst werden; hierzu entscheidet der Bewertungsausschuss – und das dauert! Das zeigte sich bei der Nr. 01470, die erst im Erweiterten Bewertungsausschuss beschlossen werden konnte.

Ärztliche Leistungen im Zusammenhang mit vorläufig gelisteten DiGA werden dagegen von den Partnern des BMV-Ä vereinbart. Das sind zwar ebenfalls KBV- und Kassenvertreter, aber die scheinen eine etwas geringere „Streitkultur“ zu haben. Deshalb konnten nun Pseudonummern vereinbart werden, die – anders als EBM-Bestandteile – zeitlich gesehen unverbindlich sind.

Medical-Tribune-Bericht