Elektronische Diabetesakte Bereit für den Feldtest
„Die eDA ist ein digitales Tool, mit der die Versorgung besser organisiert wird. Sie ist fertig konzipiert und an ein Diabetesregister gekoppelt“, erklärt Prof. Dr. Monika Kellerer, Past Präsidentin der DDG. Die Fachgesellschaft erstellt die eDA in Kooperation mit der Data4Life gGmbH aus Potsdam und der InterSystems GmbH aus Darmstadt.
Eingebettet ist die eDA in ein vorbereitetes Innovationsfondsprojekt von DDG, BVND, Hausärztlicher Vertragsgemeinschaft, Techniker Krankenkasse und weiteren Partner*innen für eine verbesserte Versorgung von Menschen mit Typ-2-Diabetes. Der Antrag für das „DMPplus“ befindet sich im Auswahlverfahren des G-BA in der „zweiten Runde“, berichtet Dr. Nikolaus Scheper, Vorsitzender des Bundesverbandes Niedergelassener Diabetologen (BVND). Auch telemedizinische Angebote wie Videosprechstunde, Videoschulungen und Tele-Konsile (z.B. beim DFS) sollen ins DMPplus implementiert werden. Laut Dr. Scheper wird das Projekt 48 Monate lang in einer Pilotregion mit Hausarzt*ärztinnenpraxen und diabetologischen Schwerpunktpraxen sowie Versicherten der TK laufen. Beweist die Evaluation, dass es funktioniert, wäre die Überführung des Konzepts in die Regelversorgung die logische Folge.
Fragen zur Technik, Finanzierung und Disziplin
Dr. Scheper sieht allerdings einige „Knackpunkte“: Werden genügend Kolleg*innen mitmachen? Schließlich müssen die sich dabei auf eine funktionstüchtige ePA und Telematik-Infrastruktur verlassen können. Wie nachhaltig ist die Finanzierung? Wie wird Verbindlichkeit für Ärzt*innen und Betroffene hergestellt, damit die Wege an den Schnittstellen der Versorgung eingehalten werden? Und, so Dr. Scheper: Was passiert, wenn der G-BA inhaltlich deckungsgleiche Innovationen ins laufende DMP einführt?
Diese Fragen blieben in einer Diskussionsrunde beim Diabetes Kongress offen. Eine andere Sorge konnte Prof. Dr. Dirk Müller-Wieland, der „Vater“ der eDA in der DDG, den Niedergelassenen allerdings nehmen: Es wird für die Diabetesteams keine Doppeleingabe von Daten notwendig werden. Die eDA sei „keine Doppelstruktur zur ePA“, die elektronische Patientenakte gebe lediglich den technischen Standard vor. Die Daten für die arzt*ärztinnengeführte eDA werden sich einfach aus dem Praxisverwaltungssystem übernehmen lassen. Die ePA-Einbindung könnte über die Systematik der „Medizinischen Informationsobjekte“ der Kassenärztlichen Bundesvereinigung erfolgen, wobei sich die DDG die „semantische Hoheit“ über die eDA erhalten und der KBV einen Vorschlag dazu machen will.
Für die eDA-Nutzer*innen werde sich das Tool als ein weiterer Reiter in der ePA-App auf ihrem Smartphone präsentieren, so Prof. Müller-Wieland. Bedenken, dass sich einige Patientengruppen damit schwer tun werden, schlossen weder die Klinik- noch die Praxisvertreter*innen aus. Doch der Trend gehe auch bei Älteren klar zu digitalen Anwendungen.
Impuls für Diabetesforschung und Gesundheitspolitik
Die Hoffnung der Protagonist*innen von DDG und BVND ist, dass das DMPplus und die eDA dazu beitragen, dass künftig behandlungsrelevante, individuelle Gesundheitsinformationen zusammengeführt und aktuell verfügbar sind. Die bisherige papiergebundene Dokumentation kann das nicht leisten.
Prof. Müller-Wieland zeigt auch weitere Entwicklungen auf: „Die eDA wird mit einem Register verbunden sein und zum Beispiel kontinuierlich zeitnahe, patient*innenbezogene, medizinische und gesundheitsökonomische Analysen ermöglichen.“ Dadurch werden klinische Effekte und Forschungsfragen evaluierbar. Die eDA soll zudem durch DiGA ergänzt werden. Auf Basis der so erfassten klinischen Daten könnten patient*innenorientierte Maßnahmen verbessert und eine vernetzte Diabetesforschung sowie eine zielgerichtete Gesundheitspolitik angestoßen werden.
Kongressbericht: Diabetes Kongress 2022 der DDG