Bluttest offenbart infiltrative Eitelkeiten
Führungsversagen, Machtmissbrauch, Eitelkeiten – wer aus der Klinik kennt das nicht? Jahrelang können Einrichtungen mit diesen strukturellen Schwächen leben, ohne dass die zerstörerischen Auswirkungen auf Klinik und Forschung nach außen dringen. Aber in Heidelberg brach der Krug.
Die Reputation des Heidelberger Universitätsklinikums sei durch die voreiligen und wissenschaftlich ungenügenden Veröffentlichungen zur Brustkrebsfrüherkennung angegriffen, sagt die Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Simone Schwanitz. Und im Zwischenbericht der hochkarätig besetzten Aufklärungskommission wurden Missfallen und Unverständnis gegenüber den involvierten Personen deutlich benannt: Verantwortung tragen sollen der ärztliche Direktor der Klinik, die technology transfer heidelberg (tth) und die mit der Causa befassten Vorstandsmitglieder.
Verantwortlichkeiten benennen und personelle Konsequenzen ziehen – das ist wichtig. Aber Fehlverhalten lebt von einer Struktur, die das zulässt. Warum gibt es keine Vorgaben für das Klinikum, wie ein Technologietransfer stattzufinden hat und nach welchen Kriterien man sich für oder gegen einen Investor entscheidet? Welche Standards hätten verhindern können, dass ein ärztlicher Direktor willkürlich entscheidet?
Die Türen zum Machtmissbrauch standen offensichtlich offen. Prof. Dr. Mattias Kleiner, Präsident der Leibniz-Gemeinschaft und Kommissionsmitglied, spricht von falsch verstandener Wissenschaftsfreiheit und falscher Kollegialität. Was es jetzt braucht: mehr wissenschaftliches Qualitätsmanagement und institutionalisierte Prozesskontrolle. Sonst könnte ein Ausverkauf von medizinischem Wissen drohen. Und mit der Erfahrung „Da geht‘s ja eh nur ums Geld“ ginge wichtiges Vertrauen in Klinik und Forschung verloren.
Anouschka Wasner
Redakteurin Politik & Management