Pflege-Report der AOK Caring Communities unterstützen Pflegebedürftige im Alltag
Immer mehr Menschen in Deutschland sind pflegebedürftig. Probleme machen vor allem die erheblichen lokalen Unterschiede beim Pflegebedarf. Das zeigt der diesjährige Pflege-Report der AOK. Ein Lösungsansatz sind sogenannte Caring Communities, Gemeinschaften von Pflege- und Nicht-Pflegebedürftigen, die sich gegenseitig unterstützen.
Bei der Entwicklung der Pflegebedürftigkeit und der Inanspruchnahme von Pflegeleistungen gibt es in Deutschland eine hohe lokale Varianz. Das geht aus dem Pflege-Report des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) hervor. Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, fordert hier ein Umdenken in der Pflege, um die Menschen „so lange wie möglich gut in der gewohnten Umgebung“ versorgen zu können. Vor allem den Kommunen würde bei der Pflege vor Ort eine zentrale Rolle zukommen. Als geeigneten Ansatz sieht sie Caring Communities, die sozialräumliche Planung, innovative Wohnformen, den effizienten Einsatz professioneller Pflege und den Aufbau von unterstützenden Netzwerken in den Mittelpunkt stellten, so Dr. Reimann. An- und Zugehörige, Ehrenamtliche sowie professionelle Akteurinnen und Akteuren der Gesundheits- und Pflegeversorgung arbeiteten hier Hand in Hand.
Pflegebedarf steigt unterschiedlich stark an
Die Auswertung des WIdO für den Pflege-Report zeigt zwischen 2017 und 2023 eine erhebliche regionale Varianz bei der Entwicklung der Pflegeprävalenz innerhalb Deutschlands: Im Fünftel aller Kreise mit dem geringsten Anstieg legte der Anteil an Pflegebedürftigen um 37,1 bis zu 56 % zu. Im Fünftel, in dem es zur stärksten Zunahme kam, wurde eine Steigerung um 80,7 bis zu 143,8 % beobachtet. Deutschlandweit lag der Anstieg im Schnitt bei 57 %.
Die meisten Pflegebedürftigen gab es 2023 vorwiegend in Kreisen in Ostdeutschland, Nordrhein-Westfalen, Hessen und im Saarland: Hier wurden zwischen 9,1 und 17,1 % der SPV-Versicherten als pflegebedürftig eingestuft. In wenigen Regionen, vor allem in Bayern und Baden-Württemberg, konnten Raten von weniger als 5,7 % gemessen werden. 2023 lag der Bundesdurchschnitt bei 7 %.
Die meisten Babyboomer wollen sich sozial engagieren
Der Pflege-Report sieht auch Potenzial für ehrenamtliches Engagement von Babyboomern, sobald sie in Rente sind. Um deren Bereitschaft für Sorgeaufgaben im Rahmen von Caring Communities zu ermitteln, hat die AOK eine repräsentative forsa-Umfrage beauftragt. Befragt wurden 2.000 Personen, darunter 1.000 aus der Generation der Boomer. 64 % von ihnen gaben an, sich grundsätzlich vorstellen zu können, ehrenamtliche Tätigkeiten zu übernehmen, um pflegebedürftige Menschen im Alltag in organisierten Netzwerken zu unterstützen. 43 % der Baby-Boomer engagieren sich bereits ehrenamtlich in verschiedenen Bereichen, jeder Fünfte von ihnen begleitet heute schon alte, kranke, pflegebedürftige Menschen oder Menschen mit Behinderung im Alltag.
Bei der Frage, welche Tätigkeiten sie sich vorstellen könnten, teilten 92 % aller Befragten mit, bevorzugt beim Einkaufen helfen zu wollen. 84 % (86 % der Boomer) würden Freizeitaktivitäten wie Spaziergänge, Vorlesen oder Gesellschaft leisten übernehmen. 77 % bzw. sogar 84 % der Baby-Boomer, wären bereit, Pflegebedürftige bei Behördengängen oder Arztbesuchen zu begleiten. 42 % der Befragten würden diese Menschen auch im Haushalt unterstützen, etwa beim Kochen oder Putzen.
„Diese Zahlen spornen an, das Leitbild von Caring Communities weiter zu verfolgen“, so Dr. Reimann. In Deutschland gebe es bereits „ein gutes Netz an Freiwilligen“, das man künftig „auch für Sorge und Pflege stärker aktivieren“ müsse, meinte sie. Professionelle Pflege solle dadurch aber nicht ersetzt, sondern Strukturen organisiert werden, in denen sich professionelle Akteurinen und Akteure sowie Freiwillige vernetzen könnten.
Caring Communities: Hannover macht‘s vor
Wie sich Caring Communites im städtischen Umfeld verwirklichen lassen, zeigt Hannover, wo derzeit sogenannte Quartierszentren aufgebaut werden – auf Basis eines partizipativen Planungsprozesses, erklärte Dagmar Vogt-Janssen, Leiterin Fachbereich Senioren der Landeshauptstadt Hannover. Beratungs-, Bildungs- und Kulturangebote zur gesellschaftlichen Teilhabe sowie therapeutische, medizinische und pflegerische Angebote ließen sich so schaffen.
Ein Quartierszentrum soll etwa als Wohn- und Pflegezentrum aufgebaut sein und Plätze für die Langzeitpflege und im betreuten Wohnen vorhalten. Daran schließen sich Angebote wie präventive Hausbesuche oder ein gemeinsamer Mittagstisch für die Bewohnenden der Umgebung an. Kooperationen mit Arztpraxen, Angehörigenschulungen und weitere Angebote kommen hinzu.
Der Aufbau von Teilhabe- und Mitwirkungsmöglichkeiten sei „für eine kommunale zukunftsorientierte Gestaltung des Sozialraums in den Quartieren vor Ort ganz wesentlich“, so Vogt-Janssen.
Quelle: Pressekonferenz – WIdO