Diabetologische Fachkräfte verdienen mehr Wertschätzung in der Pandemie
Die psychische Belastung des Pflegepersonals in der Coronapandemie wird medial rege diskutiert. Wenig Aufmerksamkeit findet hingegen die Situation der Diabetesfachkräfte – obwohl auch auf ihnen ein enormer Druck lastet, sowohl ambulant als auch stationär. Diabetologische Fachkräfte mit dem Grundberuf Krankenpfleger/in werden derzeit von den diabetologischen Stationen der Kliniken abgezogen, um z.B. COVID-19-Patienten zu betreuen. Sie sind dann mit dramatischen Krankheitsverläufen konfrontiert, die oft mit dem Tod der Patienten enden.
Hinzu kommt die Angst, sich selbst und Angehörige zu infizieren. Neben dieser psychischen Belastung haben die Fachkräfte mit einem hohen Arbeitsdruck zu kämpfen. Diesen bekommen auch diejenigen zu spüren, die auf diabetologischen Stationen verbleiben. Sie müssen den Abzug ihrer pflegenden Kolleginnen und Kollegen kompensieren. „Die Situation in manchen Kliniken ist derzeit furchtbar“, sagt VDBD-Geschäftsführerin Dr. Gottlobe Fabisch.
Auch in den Praxen habe die Pandemie enorme Belastungen mit sich gebracht. Im Frühjahr 2020 gingen viele Patienten nicht zum Arzt, DMP-Schulungen wurden ausgesetzt.
Die einen erhalten eine Prämie, die anderen hoffen vergebens
Mittlerweile seien die Schulungen immerhin im Einzelkontakt und per Video wieder möglich. In der Umsetzung seien sie jedoch aufwendiger als eine Gruppenschulung vor Ort. Zudem laufe das Konzept in einigen KV-Bezirken noch nicht rund.
Gewürdigt wird der Einsatz der Diabetesfachkräfte von staatlicher Seite kaum. Die Prämienzahlung von bis zu 1500 Euro, die letztes Jahr vom Bund an Beschäftigte in Pflegeberufen ausgeschüttet wurde, haben viele Diabetesfachkräfte nicht erhalten. Praxisangestellte waren von vornherein davon ausgenommen, in den Kliniken hing die Zahlung vom Grundberuf des Personals ab. Nur Diabetesfachkräfte, die auf dem Papier Krankenpfleger/innen sind, konnten auf den Bonus hoffen.
Für dieses Jahr möchte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn Pflegekräften eine nach der Zahl der umsorgten COVID-19-Patienten gestaffelte Prämie zukommen lassen. Der Deutsche Pflegerat kritisiert dies als einen „immensen Systemfehler“. Die Prämie stehe allen professionell Pflegenden zu, egal ob sie in Einrichtungen der ambulanten oder stationären Pflege arbeiten. Zudem müsse die Bezahlung der Pflegeberufe grundsätzlich verbessert werden.
Der VDBD fordert Ähnliches speziell für die diabetologischen Fachberufe. „Derzeit werden viele der Fachkräfte nach ihren Grundberufen bezahlt. Die höhere Qualifikation durch die Weiterbildung spiegelt sich nicht immer in ihrem Gehalt wider.“
Dies führe zu Ungerechtigkeiten, insbesondere in Kliniken, die dem TVÖD unterliegen. „Wir möchten, dass sich die Vergütung künftig am oberen der möglichen Level orientiert“, so Dr. Fabisch. 2020 hätte der VDBD daher gerne eine Empfehlung zur Bezahlung diabetologischer Fachkräfte veröffentlicht. Da die öffentliche Debatte jedoch von der Pandemie dominiert worden sei, habe man die Publikation fürs Erste verschoben. „Andernfalls hätte das Thema nicht die gebührende politische Aufmerksamkeit erhalten.“
Seminar mit Therapeutinnen zu Selbstfürsorge und Supervision
Zudem fordert der VDBD, die Weiterbildungen zur Diabetesfachkraft bundesweit einheitlich anzuerkennen. Dies könne z.B. durch ein Bundesweiterbildungsgesetz erreicht werden. Auf Länderebene sind die Verhandlungen zu diesem Thema eher erfolglos verlaufen.
Um die derzeit schwierige Situation in Kliniken und Praxen zu bewältigen, rät der VDBD Diabetesfachkräften zur Selbstfürsorge. Sie sollten sich also Freiräume schaffen, in denen sie sich ausschließlich ihrem körperlichen und seelischen Wohl widmen, sei es durch Sport, Musik oder schlichtes Ausruhen.
Zudem bietet die VDBD Akademie im Juli ein Seminar mit zwei Psychotherapeutinnen an, das sich um Selbstfürsorge und Supervision dreht. Es werde auch die Möglichkeit bieten, in kleinem, geschütztem Rahmen über die Belastungen und Ängste während der Pandemie zu sprechen, erklärt Dr. Fabisch. „Insgesamt werden wir alle aber noch lange brauchen, um die Erfahrungen dieser Zeit zu verarbeiten. Das ist nichts, was sich so einfach aus den Kleidern schütteln lässt,“ sagt sie.